12. Nach Herrn Opitzens seinem Versterben

[459] 1638 Juni.


Um Werthern hats Gefahr, von Hübnern lebt sein Tod;

von mehren weiß ich nit. Der Meister teutscher Lieder,

das Wunder unsrer Zeit, legt seine Harfe nieder,

diß war sein letzter Ton. Nun, Welt, bewahr dich Gott.


Sie stehn bestürzt, erstarrt, verstummt, itzt blaß, itzt rot,

die deutschen Klarien um ihre schönsten Brüder.

Kömmt ein Olivenzweig aus Persien nicht wieder,

so steht ihr Lorberwald in seiner letzten Not.


Regt kein Geist denn sich mehr? Und ist uns andern Allen

in diesen Mut und Lust und Hoffnung ganz gefallen?

Wen aber klag' ich an? Verzeih mir dieses doch,


daß mein Gedächtnüß stutzt; es sind fünf ganzer Jahre,

daß ich, o Vaterland, fast nichts von dir erfahre.

Ist Buchner nur nicht tot, so lebet Opitz noch.

Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 459.
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