54. Auf Jungfrau Christinen Müllers mit Herrn Kunrad Mäußlern Hochzeit zu Reval in Liefland

[485] 1638 Januar 15.


Reicht, edle Müllerin, dem Mäußler nun die Hand,

wie er euch seine beut, und schlagt ihm zu mit Treuen,

daß, wie er euer sich, ihr seiner euch wolt freuen,

und leget hinter euch den unerfreuten Stand.


Was wolt ihr länger euch sein lassen unbekant

das weltbekante Tun und etwas Solches scheuen,

das euch die Träume doch stets in die Sinnen streuen

und kühne wird verübt durch diß und jenes Land?


Vollzieht den starken Bund mit einem treuen Leben,

und wißt, was ihr euch nehmt, das könnt ihr euch auch geben.

Verwechselt euren Stand. Die Müllerin mause wol,


der Mäußler mahle recht, diß laut zwar, jenes leise,

so ist die Mäusefall und Mehlsack allzeit voll.

Wo solche Mühlen sind, da sind auch solche Mäuse.
[485]

Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 485-486.
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