8. In ihrem Abwesen. Auf deroselben Augen

[495] Ihr irdne Sonn' und Mon, ihr meiner Augen Augen,

wo laßt ihr euren Mich? Seht ihr mich gar nicht an,

ach, ach! so ist es ganz und gar um mich getan!

Ich regne für und für mit scharfer Tränen Laugen.


Für mich wil ganz kein Licht, als nur das eure, taugen.

Der Mittag wird zur Nacht. Ihr, ihr habt Schuld daran,

daß ich sonst keinen Glanz, denn euren, sehen kan,

und dessen Kraft von euch, als Brunnen, aus muß saugen.


Ich seh' und bin doch blind, ich irre hin und her,

ich weiß nicht, wo ich bin, in diesem finstern Meer.

Erscheint, erscheint mir doch, ihr funkelnden Laternen,


ihr Brüder Helene, und zeigt mir euer Licht!

Wo nicht, so hilfet mich ganz keine Flamme nicht.

bei Tage kein Mittag, bei Nachte keine Sternen.


Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 495.
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