11. An ihren Mund, als er sie umfangen hatte

[496] Itzt hab' ich, was ich will und was ich werde wollen.

Du Wohnhaus meines Geists, der als zu einer Tür'

itzt ein, itzt aus hier geht; ihr güldnen Pforten ihr,

die auch die Götter selbst um Schöne neiden sollen,


ihr hohen Lippen ihr, die ihr so hoch geschwollen

von feuchter Süße seid, itzt hab' ich eure Zier,

das Wesen, das man selbst dem Leben setzet für,

dem täglich wir ein Teil von unserm Leben zollen.


Ihr Bienen, die ihr liegt an Hyblens süßen Brüsten

und saugt die edle Milch, den Honigreif mit Lüsten,

hier, hier ist mein Hymet. Komt, fliegt zu mir herein.


Seht, wie das hohe Tun, das trefliche, das starke,

das der Mund meinem gibt, sich regt in Seel' und Marke!

Ach! daß mein ganzer Leib doch Nichts als Mund solt' sein!


Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 496.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Deutsche Gedichte
Deutsche Gedichte