21. Er bildet ihm ein, als sehe er sie vor sich

[500] Willkommen, süßer Gast, du Balsam meiner Wunden!

Wo kömmst du itzund her? Mein Schatz, umfange mich!

Was hältst du mich doch auf, warum versteckst du dich?

Wo bist du? Komm doch her, ei! komm doch her von Stunden!


Ach wie zu rechter Zeit hast du dich her gefunden!

Wie? Ist sie wieder weg? Was täuscht sie mich und sich?

Dort ist sie! Aber was? Wie ist mir? Schlummer' ich?

Sie war es aber doch? Wie, ist sie denn verschwunden?


Ach, melde doch ein Wort! Hier bin ich! Wo bist du?

St! nein. Ich höre Nichts. Wie geht es hier denn zu?[500]

Sie stunde ja vor mir, ich bin ja nicht verrücket!


Ach nein! Itzt find ich mich. Sie war es leibhaft nicht.

Es war ihr Widerschein in meiner Augen Licht',

in welche sich ihr Bild, das schöne, hat gedrücket.


Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 500-501.
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