48. Auf den Sonnenschirm

[512] Nicht, daß sie den Verdruß der Sonnen ihr benehme,

braucht meine Sonne dich, o du der Schönheit Schutz

und Zaum der fremden Glut, nein! dieses ist dein Nutz,

daß sich die Sonne nicht für ihrer Klarheit schäme


und sich nicht etwa krank und gar zu Tode gräme

für derer Treflichkeit, die ihrer auch beut Trutz.

Drum setzt sie dich vor sich. Dein frommer Schatten tuts,

daß du dem Himmel selbst und ihr auch bist bequäme.


So bleibt die Sonne klar und ihre Schönheit ganz.

Durch dich, o Schiedemann, hat jedes seinen Glanz.

Ach, daß du solchen Dienst mir woltest nicht verschmähen!


Trit zwischen mich und sie. Ihr allzustarkes Licht

kan mein verblendter Schein durchaus vertragen nicht.

Welchs sterblichs Auge kan in diese Sonne sehen?


Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 512.
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