Junker Dampf

[177] Aus einem edlen Stamme

Sproß er, der Junker Dampf:

Das Wasser und die Flamme,

Sie zeugten ihn im Kampf;

Doch hin und her getragen,

Ein Spielball jedem Wind,

Schien aus der Art geschlagen

Das Elementenkind.


Ja, frei an Füß' und Händen

Ist er ein lockrer Fant,

Doch hinter Kerkerwänden,

Da wird er ein Gigant:

In tausend Trümmerreste

Zerschlägt er jede Haft,[177]

Mit ihrer Dicht' und Feste

Wächst seine Riesenkraft.


Selbst da, wo seiner Zelle

Ein schmales Pförtlein blieb,

Ringt er nach Luft und Helle

Mit solchem Sturmestrieb,

Daß, wenn ihn beim Entwischen

Des Tores Enge hemmt,

Den Kerker unter Zischen

Er auf die Schulter klemmt.


Und so, trotz eh'rner Fessel

An Füßen noch und Hand,

Reißt er den Kerkerkessel

Im Fluge mit durchs Land,

Reißt ganze Häuserreihen

Mit fort, wie Wirbelwind,

Bis wieder er im Freien

Nichts als – ein spielend Kind.


Quelle:
Theodor Fontane: Sämtliche Werke. Bd. 1–25, Band 20, München 1959–1975, S. 177-178.
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