Kaiser Blanchebart

[241] (Am 16. Juni 1871)


Vor seinem Heergefolge ritt,

Von seinem Volk umschart,

Inmitten von Helden und Prinzen,

An der Spitze seiner Provinzen,

Der Kaiser Blanchebart.


Er grüßt und sitzt auf hohem Roß

Und sinnet das und dies:

Er hält am Sadowa-Walde,

Auf der Gravelotter Halde

Und vor Sedan und Paris.


Er lächelt still; ihm ward zu Traum

Die lange Kriegesfahrt,

Es schaukeln und schwanken die Reiser,

Und rings jubelt's: Es lebe der Kaiser,

Der Kaiser Blanchebart![241]


Und an der Straß' und an dem Tor,

Da halten Frau und Mann,

Und sie heben empor ihren Knaben,

Den einzigen, den sie haben,

Und sprechen: »Sieh ihn dir an!


Sieh ihn dir an und vergiß ihn nicht.

Der ist von sondrer Art,

Im Dienst allzeit das Schwerste,

Und in Feld und Pflicht der Erste,

Das ist Kaiser Blanchebart.«


Der Kaiser sah den Knaben an,

Den überlief es heiß,

Alle Herzen sprachen Segen,

Und hernieder fiel ein Regen

Von Blüten rot und weiß.


Gott mit dir, Herr, und kommt der Tag,

Der noch keinem wurde gespart,

Dann wie aus Märchentagen

Werden wir singen und sagen

Vom Kaiser Blanchebart.


Quelle:
Theodor Fontane: Sämtliche Werke. Bd. 1–25, Band 20, München 1959–1975, S. 241-242.
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