Quilitz oder Neu-Hardenberg

[124] Nun König Edward flieh,

Hier halt' ich fest die Feinde dein,

Hier glückt es, oder nie.

G. Hesekiel


Selig, wem Tatkraft und behaglichen Sinn leiht Gegenwart,

Wer neu sich fühlt, Neues zu bilden bedacht ist.

Platen


Die Geschichte von Quilitz bis zum Jahre 1763 hin ist arm und dunkel. Der Besitz wechselte vielfach, so daß wir einer Menge von Namen begegnen, ohne weiter etwas zu haben als eben diese Namen. Zu Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts, also zur Zeit als die Hohenzollern ins Land kamen, finden wir in Quilitz die Höndorfs, Beerfeldes und Schapelows; gegen Ausgang desselben Jahrhunderts haben sich die Besitzverhältnisse geändert und wir hören von den Eyckendorfs, Pfuels und Barfus. Lauter Familien, die, mit Ausnahme der beiden letzteren, in Barnim und Lebus nicht länger existieren. Um 1685 kam Quilitz, und auch wohl das benachbarte Kloster Friedland, in Besitz der Markgräflich-Schwedter Linie des Hauses Brandenburg, und verblieb bei dieser Linie bis zum Tode des Markgrafen Karl, 1763.

Alles dies bedeutet wenig, und die üblichen Details über Besitzverhältnisse, Hufenzahl, Hebungen, Verpfändungen usw., die wir den spärlich vorhandenen Urkunden entnehmen könnten, würden das Bild wohl erweitern, aber nicht lebendiger machen. Auch das, was wir sonst wohl heranzuziehen gewohnt sind: die Grabsteine in der Kirche, die Sagen und Traditionen im Dorfe selbst, – alles versagt gleicherweise den Dienst. Die Kirche hat aufgeräumt mit den alten Hinterlassenschaften, selbst der Name Quilitz ging verloren, und nur die Kleidung seiner Bewohnerinnen ist noch wie eine Art Tradition aus der Wendenzeit her geblieben. Frauen und Mädchen des Dorfes tragen noch den roten,[124] vielgefalteten Friesrock, das geblümte Mieder, den breiten Überfallkragen, das ganze malerische Kostüm, das ich an anderer Stelle bereits (siehe S. 36) ausführlicher beschrieben habe.

Einigermaßen Leben und Farbe gewinnt die Geschichte von Quilitz erst mit dem Jahre 1763, und wir wenden uns deshalb, mit Übergehung alles dessen, was vorher liegt, dieser Epoche zu.

Quelle:
Theodor Fontane: Sämtliche Werke. Bd. 1–25, Band 10, München 1959–1975, S. 124-125.
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