Siebenter Auftritt


[129] Frau von Tiefenborn. Herr von Ziegendorf.


HERR VON ZIEGENDORF zieht einen Brief aus der Tasche. Hier habe ich nunmehro Nachricht, daß mein Bruder in einer halben Stunde hier sein wird.

FRAU VON TIEFENBORN. Er wird doch auch den Notarius mitbringen?

HERR VON ZIEGENDORF. Den Notar und ein ganz fertig Testament, bis auf die Namen und Summen, die hier eingerückt werden können.

FRAU VON TIEFENBORN. Ja, lieber Herr Bruder, es ist alles gut! Allein, die Karoline kann ich nicht leer ausgehen lassen. Sie hat ein gar zu schönes Herz!

HERR VON ZIEGENDORF. Tun Eure Gnaden an ihr, was Ihnen gefällt. Es ist wahr, ihr Herz ist gut; nur das Maul ist ein bißchen zu arg.

FRAU VON TIEFENBORN. Und doch nicht hinter der Leute Rücken. Ich habe sie hier recht auf die Probe gestellt; sie hat mir aber nicht das mindeste zum Nachteile ihres Geschwisters sagen wollen. Ja zuletzt bat sie gar für den Bruder, und sich selbst vergaß sie. Bewegt. Das Mädchen hat mich recht gerührt.

HERR VON ZIEGENDORF. Ja, ein solcher Charakter ist schön. Ei nun! Sie sind ja Herr von Ihrem Vermögen, mein Bruder wird allemal mit Dero Person glücklich genug sein.[129]

FRAU VON TIEFENBORN. Kommen Sie itzt zum Kaffee, Herr Landrat. Wenn der Herr Bruder kömmt, so müssen wir ihn dem Doktor Hippokras übergeben, als wenn er ihn erst von meiner Krankheit unterrichten müßte.


Sie gehen ab.


Ende des dritten Aufzuges.


Quelle:
Deutsche Literatur in Entwicklungsreihen. Reihe Aufklärung. Band 6, Leipzig 1933–1935, S. 129-130.
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