Auf Gottes seltsame Geist-Regirung

[64] Still und stark im hohen hoffen / heimlich und verborgen seyn:

sich nit rühren / wann der grund aller Erden wird beweget;

sein unüberwindlich-stark / wann sich jetzt die schwachheit leget;

Aller Welt gerüstes Kriegs-Volk überwinden ganz allein;

in geheimen Herzens-abgrund / bergen klaren warheit schein;

dulten / daß der boßheit Rauch Ehren-flammen niderschläget.

Daß / vor holde Rosenblüh / Tugendstrauch Haß-Dornen träget:

ist ein Himmlisch Herz gewürke / aber kein gemeine Pein.

HERR! hilff meiner schwachheit streiten; sie ist ohne dich ein Glas:

du bist ihres schildes bild; wer dich siht / wird starr erstäunet.

Giess' allüberwindungs safft / in diß schwach und Eyren Faß!

meiner schwachheit spinngeweb / wann es deine Krafft umzäunet /

kan die stärksten Wallfisch fangen. Meine blödheit irrt mich nicht:

sie ist ursach / daß der höchste durch mich etwas groß verricht.

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 64-65.
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