[Für unser Glück, du edler Fürst]

[250] Für unser Glück, du edler Fürst,

Bemühst du dich gar sehr;

Ist der Profit nicht immer klar,

Es kommt der Tag zuletzt im Jahr –

Wir danken dir, o Herr.


Der lange Frieden, hört man wohl,

Verweichlicht nur die Leut;

Drum setzest du, ein Feind der Rast,

Im Frieden fort des Krieges Last –

Wir danken dir, o Herr.


Als Fresser schilt das Ausland uns,

Das fällt mir hart ins Ghör,

Da schiebst du, vor des Übels Tür,[250]

Durch Steuer und Gaben ein Riegel für –

Wir danken dir, o Herr.


Ja, endlich kosts nicht gar so viel,

Sonst wär es wohl zu schwer;

Statt barer Zahlung, gradem Kauf

Nimmst du ein neues Anlehn auf –

Wir danken dir, o Herr.


Und wird der Jud nun endlich stolz,

Schaut an uns nach der Quer:

Du leidst kein Hochmut in deim Reich,

Ein Staatsbankrut macht alle gleich –

Wir danken dir, o Herr.


Und was nun, das ein Bauer gfreut,

Der Nutzen und die Ehr;

Für unser bißl Einlösschein

Setzst du ein König in Spanien ein –

Wir danken dir, o Herr.


Und führst du d'Jesuiten ein,

Steigt d' Glori immer mehr;

Man arbeit' leicht, wenn noch so hart,

Ist einem 's Denken erst erspart –

Wir danken dir, o Herr.


Nur auf dich selber schau mir auch,

Ist noch mein letzts Begehr;

Denn wer im Rohr nicht Pfeifen schneidt,

Verzeih mirs Wort, der ist nicht gscheit –

Drum schneid und pfeif, o Herr.

Quelle:
Franz Grillparzer: Sämtliche Werke. Band 1, München [1960–1965], S. 250-251.
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