[Du bist mein Mann! Dich hab ich mir ersehn]

[322] Du bist mein Mann! Dich hab ich mir ersehn

Von allen, die jetzt wirken und jetzt schaffen.

Nicht, weil du siegst, und was noch sonst geschehn

Im blutgen Spiel des Streites und der Waffen.


Das haben mehrere gleich dir getan,

Der eine mehr, die andern etwa minder.

Was gehn den Dichter auch die Waffen an?

Er sammelt gern um sich des Friedens Kinder.


Doch, was in allen Lagen groß und hehr

Und eigen nur den tüchtigen Naturen,

Davon gibt mir dein Wirken die Gewähr,

Und zeigt in deinem Wesen seine Spuren.


Du willst nicht scheinen etwa nur; du bist,

Und was du bist, getraust du dich zu zeigen,

Du heuchelst nicht mit schlechtverhehlter List,

Als ob, was fremd dir, etwa doch dein eigen.

...

Quelle:
Franz Grillparzer: Sämtliche Werke. Band 1, München [1960–1965], S. 322.
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