Zum Rumpelstilzchen. [34] No. 55.

Schon Fischart kann das Alter dieses Märchens bezeugen, im Gargantug, wo die Spiele verzeichnet werden, steht unter Num. 363. ein Spiel: »Rumpele stilt oder der Poppart.« Man sagt auch Rumpenstinzchen. Die Erzählung selbst wird auch folgendermaßen anders angefangen: einem kleinen Mädchen dem wurde eine Kaute Flachs gegeben, daraus sollte es Flachs spinnen, aber was es spann, war immer Goldfaden und kein einziger Faden Flachs konnte aus ihrem Rädchen kommen. Da wurde es traurig, setzte sich aufs Dach und spann und spann drei Tage lang, aber immer nichts als Gold. Da kam ein klein Männchen gegangen: ich will dir helfen aus aller deiner Noth, ein junger Königssohn soll da vorbei kommen,[34] und dich heirathen, aber du mußt mir dein erstes Kind versprechen etc. Auch wird das Männchen anders entdeckt. Eine Magd der Königin geht Nachts hinaus in den Wald, da sieht sie es auf einem Kochlöffel um ein groß Feuer herum reiten etc. Zuletzt fliegt auch das Männchen auf dem Kochlöffel zum Fenster hinaus.

In vielen deutschen Märchen kommen Müller und Müllerstöchter vor (s. No. 31.), das gegenwärtige erinnert aber ganz sonderlich an die nordischen Fenia und Menia, die alles, was man haben wollte, mahlen konnten, und die der König Frode Frieden und Gold mahlen ließ. – Das Abfodern der Kinder greift in sehr viele Mythen ein.


Das Spinnen des Golds kann auch auf eine andere Art verstanden werden, nämlich durch die harte schwere, kummervolle Arbeit den Golddrath zu verfertigen, welche armen Jungfrauen überlassen blieb. So heißt es in einem altdän. Lied:


nu er min sorg saa mangefold,

som Jomfruer, de spinde guld.


Quelle:
Jacob und Wilhelm Grimm: Kinder- und Hausmärchen. 2 Bände, Band 1, Berlin 1812/15, S. XXXIV34-XXXV35.
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