[12] 6. Der goldene Berg

Ist von einem Soldaten erzählt worden; der Kaufmann sollte in Amsterdam wohnen, was sich auf Siegfrieds Vater beziehen könnte, den König in Niederlanden. Das vorangehende, die Verschreibung des Kindes an den Teufel in Unwissenheit und Uebereilung ist seine häufige Einleitung der Märchen, (S. Anmerkg. zu I. 55.) hier christlich gestellt. Die Uebereinstimmung mit Siegfried fängt erst da an, wo der Jüngling wie er (Wilk. S. Cap. 140. 141. welche diesen Umstand allein hat) auf dem Wasser fortgetrieben wird. Die Königstochter, die er befreit, ist nach der deutschen Sage Chrimhild auf dem Drachenstein, sonst aber, besonders nach der nordischen Sage, Brunhild, denn für Gudrun (d.i. Grimhild) thut er dort, wie im Nibel. Lied, nichts. Der Drache, der sie gefangen hält, kommt darin vor, daß sie selbst in eine Schlange verwandelt worden. (das Ueberwinden der Gespenster durch Schweigen ist ein alter, bedeutender Zug s. altdän. Lieder S. 508.) – Der Goldberg, den der Held gewinnt, ist der Berg mit dem Goldschatze, Hort, welchen, nach dem Lied, Siegfried auch im Drachenstein erwirbt; sogar die Wünschelruthe des Horts (Nib. 4509) kommt hier als Wunschring vor. – In seiner Verkleidung als Schäfer, wodurch er unbekannt eingehen kann, noch bestimmter hernach in seiner Unsichtbarkeit durch den Mantel und indem er sich in eine Fliege verwandelt hat (wie Loki, auch der indische Hanuman dringt so zur Sita, Polier. I. 350.) erscheinen die unsichtbar machenden Kräfte der Nebel oder Tarnkappe (Nibel. 1367; u.a. und die Vertauschung der Gestalt in der nord. Sage. – Am merkwürdigsten ist die fast ganz mit der[12] alten dunkeln übereinstimmende, und sie aufklärende, umständlichere (vgl. Nibel. 358 – 404). Erzählung von der Theilung des Schatzes, dort sind, wie hier, Nibelungs–Recken uneinig und rufen ihn als Schiedsmann herbei, der Wunder–Degen ist das herrliche Schwert Balmung. Er bekommt es gleichfalls voraus und geht nun ohne zu theilen mit dem erworbenen fort. Jene Wunderkraft des Schwertes ist bedeutend, denn wie alle Köpfe vor ihm fallen, so erstarren alle Lebendige vor dem Aegirs–Helm (Hildegrein), der (wie altd. Wälder I. 264. gezeigt ist,) nach der nord. Sage ebenfalls zu dem Hort gehörte.

In seinem Verhältniß zur Königin scheint auch das mit Brunhild durch, sie weiß, wie in der nord. Sage, daß er unglücklich wird, wenn er von ihr geht, und ihre Verbindung mit ihm hat etwas geheimes. Er entdeckt es unbesonnen, wie Siegfried der Chrimhild den früher gewonnenen Gürtel Brunhildens gegeben hat (Nibel. 3415.) und daraus entsteht Unglück, so wie ihre zweite Vermählung (mit Gunther) vorkommt. Er ist ihr »Erlöser,« den sie hernach doch verderben will; wie er hier die Geister besiegt, ist er in der nord. Sage durch die Flammen geritten, in der Wilk. Sage (Cap. 148.) sprengt er bloß gewaltsam die Thore; er war vom Schicksal dazu bestimmt und erwartet.

Quelle:
Jacob und Wilhelm Grimm: Kinder- und Hausmärchen. 2 Bände, Band 2, Berlin 1812/15, S. XII12-XIII13.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Kinder- und Hausmärchen (1812-15)
Kinder- und Hausmärchen, Band 1
Kinder- und Hausmärchen: Die handschriftliche Urfassung von 1810
Brüder Grimm: Kinder- und Hausmärchen. Gesamtausgabe in 3 Bänden mit den Originalanmerkungen der Brüder Grimm.
Die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm
Die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm