417. Ankunft der Angeln und Sachsen

[386] Als die Briten grausame Hungersnot und schwere Krankheit erfahren hatten und, aus der Art geschlagen, nicht mehr stark genug waren, um die Einbrüche fremder Völker und der wilden Tiere abzuwenden, ratschlagten sie, was zu tun wäre, und beschlossen mit Wyrtgeorn (Vortigern), ihrem König, daß sie der Sachsen Volk über die See sich zur Hilfe rufen wollten. Der Angeln und Sachsen Volk wurde geladen und kam nach Britenland in dreien großen Schiffen. Es bekam im Ostteil des Eilandes Erde angewiesen, die es bauen und des Gebotes des Königs, der sie geladen hatte, gewärtig sein sollte, daß sie Hilfe leisteten und wie für ihr Land zu kämpfen und fechten hätten. Darauf besiegten die Sachsen die Feinde der Briten und sandten Boten in ihre Heimat, daß sie den großen Sieg geschlagen hätten und das Land schön und fruchtbar, das Volk der Briten träg und faul wäre. Da sandten sie aus Sachsenland einen noch strengeren und mächtigeren Haufen. Als die dazugekommen waren, wurde ein unüberwindliches Volk daraus. Die Briten liehen und gaben ihnen Erde neben ihnen, damit sie für das Heil und den Frieden ihres Grundes streiten und gegen ihre Widersacher kämpfen sollten; für das, was sie gewonnen, gaben sie ihnen Sold und Speise. Sie waren aus drei der stärksten deutschen Völker gekommen, den Sachsen, Angeln, und Jüten. Von den Jüten stammen in Britannien die Cantwaren und Wichtsaten ab; von den Altsachsen: die Ostsachsen, Südsachsen und Westsachsen; von den Angeln: die Ostangeln, Mittelangeln, Mercier und all Northumbergeschlecht. Das Land der Angeln in Deutschland lag zwischen den Jüten und Sachsen, und es soll, der Sage nach, von der Zeit an, daß sie darausgingen, wüst und unbewohnt geblieben sein. Ihre Führer und Herzogen waren zwei Gebrüder, Hengst und Horsa; sie waren Wichtgisels Söhne, dessen Vater hieß Wicht und Wichts Vater Woden, von dessen Stamm vieler Länder Könige ihren Ursprung herleiten. Das Volk aber begann sich auf der britischen Insel bald zu mehren und wurde der Schrecken der Einwohner.[386]

Quelle:
Jacob und Wilhelm Grimm: Deutsche Sagen. Zwei Bände in einem Band. München [1965], S. 386-387.
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