507. Schreckenwalds Rosengarten

[479] Unterhalb Mölk in Östreich, auf dem hohen Agstein, wohnte vorzeiten ein furchtbarer Räuber, namens Schreckenwald. Er lauerte den Leuten auf, und nachdem er sie beraubt hatte, sperrte er sie oben auf dem steilen Felsen in einen engen, nicht[479] mehr als drei Schritte langen und breiten Raum, wo die Unglücklichen vor Hunger verschmachteten, wenn sie sich nicht in die schreckliche Tiefe des Abgrundes stürzen und ihrem Elend ein Ende machen wollten. Einmal aber geschah es, daß jemand kühn und glücklich springend auf weiche Baumäste fiel und herabgelangte. Dieser offenbarte nun nach vollbrachter Rettung das Raubnest und brachte den Räuber gefangen, der mit dem Schwert hingerichtet wurde. Sprichwörtlich soll man von einem Menschen, der sich aus höchster Not nur mit Leib- und Lebensgefahr retten mag, sagen: »Er sitzt in Schreckenwalds Rosengärtlein.«

Quelle:
Jacob und Wilhelm Grimm: Deutsche Sagen. Zwei Bände in einem Band. München [1965], S. 479-480.
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