2.
An Gott den Heiligen Geist

[29] Bisher hab ich die alte kalte welt/

Bisher hab ich die eitelkeit gelibet:[29]

Bisher hatt mich der harte sturm betrübet.

Mich der ich falschem gutte nachgestelt.

Kom reiner Geist/ entzünde meine kält.

Zureis das band das meine Seel' vmbgiebet

Vergib was ich für missethat verübet/

Vnd tröste wen mein hertz in schmertz verfelt.

O Helles licht/ erleüchte meine nacht.

Die nacht voll angst/ vol wehmutt/ ach vnd zagen

Erquicke mich eh' als mein Geist verschmacht.

O wahre lust wie das ich trawrig bin?

Weill du nicht hier mus ich so hefftig klagen.

Dein beysein nimmet angst vnd trawren hin.

Quelle:
Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 1, Tübingen 1963, S. 29-30.
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