53.
Auff den Sontag deß von dem Tod auferweckenden Lebens/ oder den XVI. Sontag nach dem Fest der H. Dreyeinigkeit. Luc. 7.

[216] Schau/ mich hat lebend schon die letzte Noth verschlungen/

O grosser Lebens Fürst/ Mein Hertz ist öd vnd kalt!

Die Erden stinckt mich an! mein Fleisch wird vngestalt

In stettem Weh' vnd Ach! ich habe längst gerungen

Mit grimmer Todes-Angst! Wie stammelt meine Zungen

Wenn ich dich preisen wil! ob zwar mein Blutt noch wall't

Starrt doch der schwache Leib/ ob in dem Ohr erschallt

Wenn du dich hören läß't/ doch bin ich gantz durch drungen

Von dem was sterben heist. Selbst bin ich meine Bahr/

Auch selbst mein eigen Grab/ die matte Sinnen-Schaar

Laufft traurig vnb mich her! Wilst du mich nicht erlösen?

O Jesu/ sprich ein Wort/ so werd ich bald auffstehn!

Vnd in die Stadt der Lust von dieser Grufft weg-gehn.

Stets leben werd ich dir/ absterben stets dem bösen

Quelle:
Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 1, Tübingen 1963, S. 216.
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