3.
An den Neugebohrnen Herrn Jesum

[96] So vielmahl hundert Jahr von Anbegin der Zeiten

Hofft nicht Judäa nur/ es hofft die gantze Welt/

Dieweil du noch nicht dar in Schuld und Angst verfällt/

Auf dich/ O höchstes Kind! O Fürst der Ewigkeiten!

Wol! nun die Stund ist hier du wilst die Welt beschreiten/

Die schwangre Jungfrau hat sich rüstig eingestellt/

Wie daß man keinen Ort denn für dich offen hält?

Wie daß dir niemand denn die Wiegen wil bereiten.

Dein Salem das so lang gezagt in Nacht und Sünd/

Wird nun du Sonn auffgehst vor deinen Strahlen blind.

Drum läst sie dich im Stall ohn Sorg und Wartung liegen,

Komm werther Gast/ O komm ich öffne Seel und Hertz/

Mein Hertz das für und für der Jammerreiche Schmertz

Und stete Furcht bewegt/ sey deine liebe Wiegen.

Quelle:
Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 1, Tübingen 1963, S. 96.
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