29.
Auf die Geburt seines ältesten Sohnes Christiani

[108] Willkommen süsses Kind/ der Mutter höchste Lust/

Doch die sich schier mit beyder Tod erkäufft/

Willkommen Kind/ das/ weil die Nacht umläufft/

Mit neuer Freud erquickt des Vatern trübe Brust:

Wie? gleich um Mitternacht/ ist dir denn nicht bewust

Was Mitternacht/ in der nur Furcht sich häufft:

Und Wahn in Angst/ und Angst in Weh sich täufft:

Wie? daß du denn gleich itzt das Leben grüssen must.

Diß ist der Engel Fest/ die offt bey Nacht erschienen/

Die führen dich ins Licht/ mit diesen solst du dienen/

Dem/ welcher dich aus Nacht hat in den Tag gebracht/

Die Engel kommen mit! O daß sie dich begleiten!

O daß sie durch die Welt/ durch die gesetzten Zeiten/

Dich führen wo ihr Heer um deinen Schöpffer wacht.

Quelle:
Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 1, Tübingen 1963, S. 108-109.
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