58.
Auf eines guten Freundes Hochzeit

[123] Man glaubt das Schnee und Lufft auf Bergen stets zu finden/

Ob schon der Himmel sich in lauter Gluth verkehrt/

Und von der Sonnen Brand die Ströme selbst verzehrt/[123]

Auch Chloris vor dem Grimm des Löwen muß verschwinden/

Drum habt ihr/ nun den Leib die Sonn euch wil entzünden/

Nun euch der Liebe Flamm in Seel und Hertze fährt;

Erquickung/ Lufft und Trost auf Bergen itzt begehrt/

Und sucht der Sorgen euch im Frischen zu entbünden.

Doch lockt euch ieder nicht auf die gespitzte Höh/

Ein Rosen-Berg allein gibt Rath in heissem Weh/

Der auf dem Wipffel läst die schöne Nymfe schauen.

Wohl! achtet keiner Müh/ besteigt was ihr begehrt/

Und wo euch auf dem Berg Erfrischung wird beschert/

So last uns auffs Gebirg im Sommer Hütten bauen.

Quelle:
Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 1, Tübingen 1963, S. 123-124.
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