11.

Fortis ut mors Dilectio

[90] Auff seine vnd seiner Ehegeliebten Vermählung.


1.

Reine Lib' ists/ die nichts zwinget/

Ob der Erden Abgrund kracht;

Ob durch schwartze Lüffte dringet

Der entbranten Stralen-Macht.

Keiner Thaten Wunder-Wercke

Dämpfen treuer Liebe Stärcke.


2.

Spannt der Tod schon seinen Bogen/

Steckt er Trauer-Fackeln an!

Sie hat ihre Sehn gezogen/

Der nichts wiederstehen kan.

Ihre Glut brennt/ wenn wir Erden

Vnd zur Handvoll Aschen werden.


3.

Wenn die Helle sich erschüttert

Vnd mit Ach! vnd Folter schreckt/

Vnd der Aengsten Angst sich wüttert

Wird ihr Eyver mehr entsteckt

Lieb ist nichts/ denn Glut vnd Flammen/

Wie Gott Licht vnd Feur zusammen.


4.

Lasst die stoltzen Wellen toben/

Schäumt ihr Meere! braust vnd schmeist

Wenn der strenge Nord von oben

In deß Saltzes Täuff einreist:

Wird doch Wind vnd Wassers kämpffen/

Nicht den Brand der Liebe dämpffen.


5.

Lieb ist/ der nichts gleich zu schätzen/

Wenn man alles Gold der Welt[91]

Gleich wolt' auff die Wage setzen:

Lieb ist/ die den Außschlag hält/

Lieb ists trotz der Slber-Hauffen/

Nur durch Liebe zuerkauffen.

Quelle:
Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 1, Tübingen 1963, S. 90-92.
Lizenz:
Kategorien: