727. Das Wappen der Herren von Tschirschky.

[115] S. Sinapius Bd. I. S. 1000.


Die Herren von Tschirschky stammen von einem tapfern polnischen Krieger Namens Wieniawa, welcher in Friedenszeiten auf einer Anhöhe in der Mitte eines großen Waldes in einer Höhle wohnte und sich vom Kohlenbrennen nährte, ab. Einst wird er gewahr, daß mehrere Male, wenn er seine Wohnung verlassen hatte, um seiner Nahrung nachzugehen, Jemand in dieselbe eingedrungen ist und allen darin vorhandenen Brodvorrath aufgezehrt oder weggeschleppt hatte. Er verbirgt sich also eines Tages darin mit einem jungen Eichenaste, um den Dieb gebührend zu empfangen. Doch siehe! anstatt eines Menschen, wie er erwartet hatte, schreitet ein Büffel herein und schnuppert herum nach dem Brode. Schnell entschlossen faßt der starke Kriegsmann ihn bei den Hörnern an, zieht ihm den Eichenast durch die Nase und biegt ihn zusammen wie einen Ring. An diesem Ringe führt er ihn durch den Wald hindurch und vor den König. »Majestät«, sagte der Soldat, »ich habe diesen Büffel in meiner Hütte gefangen, als er mein Brod fressen wollte, und bringe ihn für die königliche Küche, damit er selbst gegessen wird. Ich aber bitte nur um die Gnade, so lange ich lebe, im Walde Kohlen brennen zu dürfen«. Diese Erlaubniß giebt ihm der König nicht nur, sondern schenkt ihm auch den ganzen Wald zum Eigenthum und läßt ihm ein Schwert reichen, den Büffel damit zu tödten. Nachdem nun Wieniawa diesem mit einem Streiche den Kopf abgehauen, ward er selbst zum[115] Ritter geschlagen und mit einem Wappen belohnt, welches im goldenen Schilde einen Büffelkopf mit einem Ringe in der Nase zeigt. Von diesem Ringe nannten sich seine Nachkommen Piersky, welcher Name von einem polnischen Wort, welches Ring bedeutet, kommt, und daraus ward später Tschirschky.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 2, Dresden 21874, S. 115-116.
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