294. Der dem Augenschein nach gen Himmel fahrende Zauberer.359

[241] Es ist zu Magdeburg einmal ein seltsamer Schwarzkünstler gewesen, welcher in Gegenwart einer großen Menge Zuschauer, von denen er eine große Menge Geld gesammelt, ein gar kleines Pferdlein, das in einem Ringe tanzte, gezeigt, und wenn sich's denn dem Spiel zu Ende nahete, hat sich der Abenteurer beklagt, wie er bei der undankbaren Welt so gar wenig erwerbe oder Nutzen schaffe, dieweil Jeder also karg wäre, daß er sich des Bettelns kaum erwehren könne. Er wolle deswegen die Welt gesegnen und stracks nach dem Himmel fahren, ob vielleicht seine Sache daselbst besser würde, und als er diese Worte gesprochen, hat er des Pferdes Zügel in die Höhe geworfen, welchem dann das Pferdlein ohne allen Verzug alsbald nachgefahren, der Zauberer erwischt das Pferdlein bei dem Schwanze, seine Frau ihn bei den Füßen, die Magd die Frau bei den Kleidern, und so fahren sie alle nach einander in einer Koppel dahin. Das Volk aber steht und hält das Maul offen über dieses Wunder und macht ein Getümmel. Da kommt von ohngefähr ein Bürger daher gegangen, der fragt, was da sei? Man berichtet ihm solches; »ja wohl«, spricht er, »der ist mir dort in der Gasse begegnet«, und damit zeigt er auf die Herberge. Als sie das gehört, haben sie den Betrug gemerkt und sind ihrer Wege gegangen.

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Nach Wier L. II. c. 7.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 1, Glogau 1868/71, S. 241.
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