132. Das salische Blut.

[151] (S. Kiefer S. 101 etc.)


Unweit des freundlichen anmuthigen Neuwied erhebt sich auf steilem Felsen und von waldigen Höhen umgeben, dicht am Ufer des Rheins die längst in Trümmer zerfallene Veste Hammerstein, die ihren Namen entweder von ihrem Erbauer Karl Martell oder von der einem Hammer ähnlichen Form des Felsens, auf welchem sie sich erhebt, erhalten haben soll.

Nun hauste hier gegen Anfang des 11. Jhdts. Graf Otto von Hammerstein. Dieser führte mit Bischof Erkenbold von Mainz eine blutige Fehde, welche aber wegen der Tapferkeit des Erstern unentschieden blieb. Da wußte der Erzbischof auf andere Weise seinem Gegner beizukommen. Derselbe hatte sich nämlich ohne den hierzu nöthigen päpstlichen Dispens mit seiner schönen Muhme Irmgard vermählt, der Bischof versäumte daher auch nicht den Kirchenbann über ihn auszusprechen und durch einen besondern Synodal-Spruch die Ehe für ungültig erklären zu lassen. Als aber demohngeachtet die beiden Gatten nicht von einander ließen und er selbst die Macht nicht besaß, mit Gewalt ihre Trennung herbeizuführen, so wendete er sich an den der Kirche sehr ergebenen Kaiser Heinrich II. mit der Aufforderung, dem Befehle der geistlichen Macht durch Waffengewalt Nachdruck zu geben. Derselbe entsprach auch seinen Wünschen, zog vor Hammerstein und belagerte es. Allein die Tapferkeit der Belagerten und die Festigkeit der Burg selbst zog den Kampf in die Länge, so daß der Kaiser gern eine Gelegenheit ergriffen hätte, denselben auf gütlichem Wege zu beendigen.

Bei einem Ausfalle des Grafen, während dessen seine heldenmüthige Gemahlin an seiner Seite ritt, wurden zufällig beide durch Pfeilschüsse verwundet und mußten zur Burg zurückkehren. Sobald der Kaiser dies erfuhr, sprach er zum Bischof: »Mich will bedünken, wir werden solchen Muth dieser Liebenden kaum zu beugen im Stande sein. Darum und weil das Blut, an dem sie gesündigt, nun von ihnen geflossen und ihre Schuld also gesühnt haben, wollen wir die Fehde beendigen. Das lasse ich dem Grafen entbieten und Ihr selbst sollt, so will ich es, das Paar trauen und ihm den Segen der Kirche wieder zukommen lassen.« Und so geschah es auch, eine aufrichtige Versöhnung beschloß für immer den Streit.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 151.
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