272. Die Teufelseiche.

[295] (S. Gödsche S. 123.)


In der Liatkower Haide steht eine ungeheure Eiche, bei der es aber nicht geheuer ist. Man nennt sie die Teufelseiche und erzählt von ihr, daß um die Tag- und Nachtgleiche von hier aus der wilde Jäger ausziehe.

Einst gingen drei Männer ziemlich trunken von einem benachbarten Dorfe durch die Haide nach Hause und da es schon spät in der Nacht war, wollten zwei von ihnen einen Umweg machen, denn ihr Weg führte sie vor der verrufenen Eiche vorbei und sie hatten Furcht, dieselbe um die Mitternacht zu passiren, der dritte aber, ein gottloser und frecher Geselle that Einsprache und sagte, er fürchte sich vor dem Teufel selbst nicht, derselbe möge nur kommen, er wolle ihm schon Bescheid sagen. So ging er schimpfend und fluchend auf die Eiche zu. Da fing es sich aber an, in dem Wipfel des Baumes seltsam zu regen, ein Wirbelwind senkte sich von oben nach unten, umsauste den Baum und riß alles, was in seinem Bereiche war, mit sich fort, also auch den Spötter, den der Sturm packte und ihn in die Höhe riß. Die beiden Begleiter hörten nur sein klägliches Geschrei und ein höhnisches Lachen, welches aus den Aesten des Baumes zu kommen schien, ihn selbst aber sahen sie nicht wieder. Sie eilten wie vom Teufel gejagt nach Hause, am andern Tage aber hörten sie, daß der Wirbelwind ihren Gefährten drei Meilen weit von seinem Heimathsorte auf die Erde mit solcher Gewalt geschleudert habe, daß er ein Bein und drei Rippen gebrochen habe. Seit dieser Zeit ist er aber ein besserer und frömmerer Mensch geworden, zur Kirche gegangen und hat nie wieder geflucht.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 295.
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