436. Die drei Mönche im Dome von Colberg.

[468] (S. Maaß, Geschichte und Beschreib. d. St. Marien-Kirche zu Colberg. Colberg 1837 S. 104 etc.)


Die St. Marienkirche oder der Dom von Colberg, dessen Ursprung bis auf die Zeit des h. Otto zurückgeht, ist eine der schönsten und größten Kirchen in Pommern; sie ist 205 Fuß lang, 128 breit und 74 hoch. An ihrer Westseite befindet sich ein Thurm mit drei Spitzen, der 236 Fuß hoch ist und zur See bereits in einer Entfernung von 7 Meilen gesehen werden kann.

Als die Colberger den Bau angefangen hatten, fehlte es ihnen sehr bald an dem nöthigen Gelde um ihn fortzuführen. Da traten drei fromme Mönche auf und erboten sich, in der ganzen Christenheit herum zu pilgern und für den Bau zu sammeln. Sie beschlossen aber Gott zu bitten, er möge ihnen im Traum doch durch irgend ein Wunder zu erkennen geben, daß ihm ihre Absicht angenehm sei. Der eine träumte, er wolle die Sonne mit der Hand erfassen, der andere, daß sein Haupt von einem Berge bedeckt werde, was aber dem dritten geträumt hat, das weiß man nicht mehr. Da sie sich nun gerade dies und nichts anderes vorher im Wachen gewünscht hatten, so sahen sie den Umstand, daß sie im Traume dasselbe gesehen, für ein Zeichen der Erhörung ihres Wunsches an und wanderten getrost fort in die weite Welt und hatten auch viel Glück, sie brachten ungemein viel Geld zusammen und als sie genug zu haben glaubten, da kehrten sie zurück und lieferten es ab. Als nun aber noch etwas nach Vollendung des Baues übrig geblieben war, da beschlossen sie, daß jeder von ihnen eine besondere Spitze auf dem Thurme der Kirche aufführen lassen solle. Zwei von ihnen aber starben, ehe dieselben fertig wurden, und nur einer überlebte die Vollendung und das war der, welcher im Traume die Sonne mit seiner Hand umfaßt hatte. Er bekam die mittelste höchste, die zwei übrigen aber die beiden kleinern Spitzen. Zum Andenken an diese drei Bettelmönche hat man aber kurz nach ihrem Absterben ein Gemälde anfertigen lassen, auf welchem sie in liegender Stellung dargestellt sind, einer von ihnen ist grau, die andern[468] zwei sind schwarz gekleidet. Der eine hält ein Buch in der linken Hand, worauf die Worte stehen: »Pater, magnificavi nomen hominibus« (Vater, ich habe Deinen Namen bei den Menschen verherrlicht). Dies Gemälde, welches sich am westlichen Hauptpfeiler des Thurmes unter der Orgel und in der Nähe des Haupteinganges der Kirche befindet, ist im Jahre 1741 restaurirt worden.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 468-469.
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