611. Der Mühlstein in der Ringmauer zu Danzig.

[584] (Nach Karl Th. II. S. 29.)


Einst saßen eine Anzahl Danziger Bürger spät am Abend noch im Garten des Schießwerders bei einander und tranken das damals so berühmte Putziger Bier. Da kam ein Müller vorbeigefahren, der sich einen Mühlstein in der Stadt gekauft hatte. Aufgefordert erst noch ein Glas Bier mit ihnen zu trinken, hielt er mit seinem Wagen an, setzte sich zu ihnen und vergaß, indem er ein Glas nach dem andern zu sich nahm, ganz, daß er noch nach Hause mußte. Mittlerweile wurde es stockfinster und er getraute sich nicht mehr bei dem schlechten Wege diese Nacht zurückzukehren. Er blieb also in[584] dem Gasthofe und lud den Mühlstein einstweilen auf der Straße ab. Als er aber am andern Morgen aufstand, sah er keinen Mühlstein mehr, die lustigen Zechbrüder hatten, als er zu Bett gegangen war, seine in der Trunkenheit gethane Aeußerung, wer den Stein fortbringe, könne ihn auch behalten, wahr gemacht, sie hatten ihn nach dem Stadtthore zu gewälzt und schenkten ihn der Stadtgemeinde, welche ihn bei dem Neubau der Stadtmauer mit als Material benutzte und hier ist er noch nördlich vom hohen Thore zu sehen.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 584-585.
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