1043. Die tiefen Pöhle.

[858] (S. Sudendorf a.a.O. S. 224 u.b. Kuhn Bd. I. S. 22.)


In dem großen Moor zwischen Hunteburg und Verden nicht weit von letzterem Orte sind zwei Moorkolke, die tiefen Pöhle geheißen. Hier hat einst der Teufel sein Spiel getrieben. Als die ersten Kirchen gebaut wurden und auch die Dammerschen eine bauten, da ward der Teufel recht ärgerlich darüber. Noch toller aber ward er, als erst die Glocken darin aufgehangen[858] wurden und läuteten. Da kam er denn die Nacht vor dem heiligen Christfest, riß die Glocken aus dem Thurm, daß alles ratterte und die Leute sich entsetzten, flog damit durch die Luft, daß es brauste, und schmiß sie tief auf den Boden der tiefen Pöhle. Seit dieser Zeit lassen aber die Leute die Glocken taufen gerade wie kleine Kinder, denn der Teufel darf sich an einer Sache, welche mit dem heiligen Kreuze geweiht ist, nicht vergreifen. Darum kann uns der Teufel keine Glocken mehr stehlen. Darum läßt er aber am heiligen Christfest, wenn die Glocken in den Kirchen läuten, auch seine Glocken in den tiefen Pöhlen erklingen um die Christen damit zu verhöhnen. Die Kirchengeher aber, die diesen Sturm hören, sagen: »Jetzt läutet der Teufel in den tiefen Pöhlen.«

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 858-859.
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