1238. Der Teufel hilft den armen Bauern.

[1006] (S. Jahrb. Bd. IV. S. 150.)


Nicht weiter als zwei deutsche Meilen von Aderston lag ein prächtiges Schloß Namens Gerichtsbeck (jetzt Jersbeck). Dieses hatten seit vielen Jahrhunderten die Bokwolde oder Buchwalde bewohnt, und einer der Besitzer hieß[1006] Johann Adolph, dessen Bruder Göske ließ sich durch Geld abfinden. Der Vater dieser beiden Brüder ist aber gegen seine Unterthanen sehr streng gewesen und stets lüstern seinen Seckel zu bereichern, so daß er oft die Bauern, wenn sie nur das Geringste verbrochen hatten, mit hoher Geldstrafe belegte; ja er dachte sich sogar allerlei Mittel und Wege aus, um die Einzelnen zu bevortheilen. Nun gab es einen sehr reichen und klugen Bauern, welcher die Weise des Herrn kannte und darum sich aufs Sorgfältigste in Acht nahm, keinen Anstoß zu geben. Da ward der Edelmann am Ende zornig, daß dieser Bauer sich gar nicht fangen ließ; so führte er ihn eines Tages mit Gewalt in den Wald hinein, zeigte ihm eine ungeheuere Eiche und sprach: »Die schaffst Du mir heute in meinen Hof hinein, wo nicht, kostet es fünfzig Thaler!« Dann ging er mit seinen Trabanten davon. Der Bauer fing an zu weinen und verfluchte die Ungerechtigkeit und Hartherzigkeit seines Herrn. Da erschien ihm der Teufel und sprach: »Geh' nur nach Hause, der Edelmann soll schon den ganzen Baum bekommen!« Kaum hatte er das gesagt, so riß er den Baum mit der Wurzel aus und fuhr denselben, ganz und gar, mit allen Zweigen nach vorwärts, mit drei schwarzen Pferden unter großem Getöse ins Schloßthor hinein; da das Thor nicht weit genug war, um den mächtigen Baum einzulassen, so ward dasselbe nebst dem Brückenhause umgeworfen. Als der Edelmann den Lärm hörte, sah er durchs Fenster; er erkannte den furchtbaren Fuhrmann und rief ihm mit lauter Stimme zu: »Geh' zur Hölle! was hilfst Du den Bauern?« Satan aber antwortete ihm lächelnd: »Nimm das Geschenk und höre: zu diesen drei Pferden, welche Du hier siehst, wirst Du binnen Kurzem als viertes hinzukommen. Das erste Pferd ist Dein Vater, das zweite Dein Großvater, das dritte Dein Aeltervater; bald fahre ich mit vieren. Leb wohl und nimm Dich in Acht!«

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 1006-1007.
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