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Der Lootse lehnt am Fall'm mit seiner Sippe,

Im Theergewand, nicht regend Arm' und Beine,

So fahl und starr wie Stein von diesem Steine,

Nur wachen Blicks, doch redescheuer Lippe.


So liegt der Robbe wohl auf fahler Klippe

Mit klugen Aeuglein träg im Sonnenscheine,

Lautlos und unbeweglich, daß man meine,

Er sei ein Stück nur dieser Felsenrippe.


Da rauscht der Sturm und löst ihn aus dem Banne!

Vielleicht entzaubernd – wie in alten Mähren

Ein Held, ein Prinz ersteht aus Wolf und Bären, –


Verwandelt Hülferuf auch ihn zum Manne,

Zum Lootsen, der da steure durch die Wetter,

Dem Volk in Todesnoth von Gott ein Retter.


Fußnoten

1 »Uep Fallem« oder, wie die Fremden meist sagen, »am Falm«, die schönste Straße des Oberlandes, die Bellevue Helgolands. Sie führt einige hundert Schritte längs der Ostseite der Insel hin und ist nach der Tiefe zu mit einer Brustwehr versehen, über welche man die prachtvollste Aussicht auf den Norder- und Süder-Hafen, auf das Meer und die Düne hat. Tief unten liegen die Häuser und Buden des Vorlandes; am Strande lagern zahlreiche Fischerboote; zwischen den rothen Ziegeldächern strecken ein paar grüne Baumgipfel ihre verlangenden Zweige empor... Wendet man den Blick zurück, so erheben sich rechts die Häuser des Oberlandes, zum Theil mehrere Stockwerke hoch, mit Altanen und Flachdächern versehen, zum Theil niedrig, mit grünen Läden und Simsen geziert, theils dicht am Wege, theils hinter Gärtchen voll Blumen und Strauchwerk sich zurückziehend. (F. Oetker, Helgoland. Berlin, 1855). Sowohl für die nach Erwerb ausspähenden Helgoländer, wie für die zum Vergnügen promenirenden Badegäste, bleibt der Aussichtspunkt »am Fall'm« der besuchteste Sammelplatz.


Quelle:
Anastasius Grün: Gesammelte Werke, Band 1–4, Band 2, Berlin 1907, S. 108-109.
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