7.

[126] Döbling.


1848. 1849.


»Deutschland ist frei!« Im Jubelsturm nur leise,

Dich nicht zu schrecken, klang's aus Freundesmunde;

Der Lenzstrahl doch, an dem dein Herz gesunde,

Ach, er durchdrang nicht deines Geistes Eise.


»Deutschland ist frei!« So scholl die stolze Weise,

Dich zu erwecken, donnernd in der Runde;

Der beste Heilquell ist solch große Stunde –

Doch sie zerbrach nicht deines Bannes Kreise.


Des ehrnen Kaiserbilds will mich's gemahnen,1

Dem in die Hand sein Volk zurückgegeben

Die heil'ge Fahne, der einst galt sein Ringen;


Hoch flattert sie, die Fahne aller Fahnen,

Ins starre Erzbild doch facht sie kein Leben

Und jener Todte wird sie nimmer schwingen.


Fußnoten

1 In den Wiener Märztagen des Jahres 1848 hatten begeisterte Verehrer Kaiser Josephs II. die Reiterstatue dieses unvergeßlichen Monarchen mit einem Kranze geschmückt und ihr eine Fahne mit der Aufschrift: »Preßfreiheit« in die Hand gegeben.


Quelle:
Anastasius Grün: Gesammelte Werke, Band 1–4, Band 2, Berlin 1907, S. 126-127.
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