3.

[10] »Ans Meer, gleich diesem, baut die Kerker alle!

Ringsum nur Meer, endloser Himmel drüber!

Setzt eures Sklaven enge, dunkle Halle

Der Freiheit und Unendlichkeit genüber!


Daß, wenn er schuldig, selbst der Wellen Kosen

Ihm Nachts und Tags von seiner Schuld erzähle,

Und fort und fort ihm laut der Brandung Tosen

Des Herrn Gerichte donnre in die Seele!


Daß, wenn er schuldlos, nicht ans Ohr euch dringe,

Euch nicht den Schlummer störe seine Klage,

Daß sie des Meeres Rauschen ganz verschlinge,

Daß sie des Windes Flügel weiter trage!


Ich klimm' empor zum hohen Fensterbogen

Und kralle fest mich an des Gitters Stäben!

Ha, endlos seh' den Ocean ich wogen,

Nur fern, gar fern ein weißes Segel schweben!


Ach, meiner Freiheit Bild! Nicht flieh so schnelle!

Es eilt mein Herz dir nach, nicht kann es rasten,

Es schwebt als Möwe über dunkler Welle

Und klammert schreiend sich an deine Masten!«


Quelle:
Anastasius Grün: Gesammelte Werke,Band 1–4, Band 3, Berlin 1907, S. 10-11.
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