Zweiter Auftritt.


[129] Hotham. Eversmann mit einem kleinen Paket. Seckendorf.


HOTHAM verbeugt sich. Se. Majestät haben mir eine Abschiedsaudienz zu bewilligen geruht.

EVERSMANN. Sollen sogleich gemeldet werden, Herr Ritter. Öffnet das Paket und zieht einen weisen Domino heraus. Nun, Herr von Seckendorf, Lächelnd. wenn Sie den Prinzen von Wales sehen wollen, Zeigt auf den Domino. da ist er! Ab zum König.

SECKENDORF beiseite. Das der Prinz von Wales?

HOTHAM beiseite. Ein weißer Domino der Prinz von Wales?

SECKENDORF beiseite. Wie kombinier' ich mir denn das nun wieder?

HOTHAM beiseite. Sollte dahinter vielleicht ein Geheimnis stecken?

SECKENDORF beiseite. Ich will den Ritter Hotham auszuforschen suchen.

HOTHAM beiseite. Vielleicht, daß mir der besternte Herr da Auskunft geben kann.

SECKENDORF räuspert sich. Wie befinden sich des Prinzen von Wales Königliche Hoheit in Berlin? Bin Graf Seckendorf.

HOTHAM. Sehr erfreut. Exzellenz sahen ja, er befindet sich Zeigt Eversmann nach. in den besten Händen.

SECKENDORF stutzt. Beiseite. Besten Händen? Foppt der mich, oder foppt man ihn? Es scheint, er steckt mit in dem Komplott.

HOTHAM beiseite. Das Mißverständnis spannt meine Neugier.

SECKENDORF. Sie irren sich, Herr Ritter, wenn Sie glauben sollten, daß wir den Bewerbungen des Prinzen von Wales entgegengearbeitet haben. Verschaffen Sie mir Gelegenheit, den Prinzen zu sprechen, und ich werd' es mir zur Ehre anrechnen, ihm diese Versicherung mündlich zu wiederholen.

HOTHAM auf die Tür des Königs zeigend. Der Eintritt in das Kabinett Sr. Majestät des Königs steht ja, wie ich höre, dem kaiserlichen Gesandten zu jeder Zeit offen.

SECKENDORF beiseite. Kabinett des Königs? Wohin eben der Hofschneider den weißen Domino – Laut. Hm! Herr von Hotham, ist Ihnen vielleicht die Sage von der Weißen Frau bekannt, die seit Jahrhunderten mit der Geschichte des brandenburgischen Hauses verschwistert ist?

HOTHAM. Jawohl, Exzellenz, ich höre, daß sie sich seit einiger Zeit wieder sehen läßt.

SECKENDORF beiseite. Seit einiger Zeit. Es ist ein Komplott! Unter dem Geheimnis von der Weißen Frau betrügt man uns.[130] Der Prinz von Wales steht mit dem König im vollkommensten Einvernehmen. Laut. Herr von Hotham, Sie spielen ein doppeltes Spiel. Gerade heraus! Der Prinz ist nicht nur hier, er wird auch beim König jederzeit vorgelassen.

HOTHAM. Woraus schließen Sie das?

SECKENDORF. Es ist artig ausgemacht, die Sage von der Weißen Frau gerade jetzt wieder in Umlauf zu bringen.

HOTHAM. Der König wird seine Ursachen dazu haben.

SECKENDORF. Der König? Also wirklich der König seine –? Haha! Und Sie glauben nicht, daß man das feine Spiel durchschaut, daß es Augen gibt, die auch bei Nachtzeit gewisse Personen im Dunkeln über die Höfe des königlichen Schlosses schleichen sehen, Ohren, die es deutlich hören, daß diese Personen deshalb nicht angerufen werden, weil sie – ha, ha, ha! einen weißen Domino tragen? Lieber Herr von Hotham, Sie müssen Ihre Pläne doch noch etwas feiner einfädeln, wenn Sie nicht den einfachsten Kombinationen Blößen geben wollen. Aber bauen Sie nicht zuviel auf die Schonung, die der König dem Prinzen von Wales angedeihen läßt! Es ist sein Neffe, er will ihn nicht kompromittieren, er läßt ihn deshalb unter allerlei Verkleidungen aus- und einpassieren. Glauben Sie mir, das ist alles, was er hier zu hoffen hat. Wenigstens würde es mir leid tun, wenn ein junger, erst beginnender Diplomat, wie Sie, in diesem Wink nicht von einem Staatsmann etwas lernen wollte, der zwanzig Jahre schon kombiniert hat und in Kombinationen noch nicht übertroffen ist. Ab.


Quelle:
Gutzkows Werke. Auswahl in zwölf Teilen. Band 2, Berlin, Leipzig, Wien, Stuttgart [1912], S. 129-131.
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