[16] Was ich in Gedancken küße,
Macht mir Müh und Leben süße
Und vertreibt so Gram als Zeit;
Niemand soll es auch erfahren,
Niemand will ich's ofenbahren
Als der stummen Einsamkeit.
Ob ich gleich nun, schöne Seele,
Nahmen, Brand und Schmerz verheele,
Würd es doch mein Glücke seyn,
Wenn du selbst errathen solltest
Und nur einmahl forschen wolltest,
Wem sich meine Flammen weihn.
Merckstu nichts aus Wort und Blicken,
Die viel Sehnsuchtszeichen schicken?
Siehstu mir kein Feuer an,
Wenn mein zärtliches Gemüthe
Bey der Wallung im Geblüte
Diesen Trieb nicht bergen kan?
Freylich mach ich öfters Grillen,
Aber alles doch im Stillen
Und dabey nicht ohne Lust,
Weil du allzeit meine Sinnen
Durch dein artiges Beginnen
Auch entfernt ergözen must.
Will ich mich gleich selber zwingen,
Dein Gedächtnüß wegzubringen,
Fühl ich in mir Widerstand;
Denn ich glaube, dich zu lieben,
War mir schon ins Blut geschrieben,
Eh ich noch die Wiege fand.
[17]
Doch was hilft ins Blut geschrieben,
Wenn mir dies getreue Lieben
Weder Frucht noch Hofnung zieht?
Krancke mögen sich beklagen,
Nur mein Herz soll garnichts sagen,
Ob es noch so heftig glüht.
O du ungemeines Leiden,
Schöne Früchte sehn und meiden
Und bey Quellen dürsten stehn!
Wenn die Hauptperson nur wüste,
Was vor Seufzer sanfter Lüste
Ihrer Schönheit opfern gehn!
Doch du ungemeines Leiden
Bist auch warlich zu beneiden,
Weil dich die Person erweckt,
Die vom Schönsten auf der Erden
Selbst verdient geehrt zu werden
Und schon manches angesteckt.
Durch ein ehrerbietig Schweigen
Will ich mich gelaßen zeigen,
Bis vielleicht ein Tag erscheint,
Da die Flammen heller brennen
Und der Welt entdecken können,
Wie ich es so treu gemeint.
Sollt auch dieser Wunsch betriegen,
Find ich dennoch mein Vergnügen
Und die gröste Lust daran,
Daß ich nach der klugen Lehre
Dieses Bild geheim verehre,
Was ich nicht besizen kan.
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