Er suchet seine erzürnte Schöne zu besänftigen

[48] Versöhn ich dich mit keinem Kuße,

So brich mir nur das Herz entzwey.

Ich wasche deinen Fuß mit Thränen,

Vergieb und höre dies mein Sehnen;

Erkennen ist die beste Reu

Und nicht mehr thun die beste Buße.


Du bist die Fürstin unsrer Schönen,

Der Zorn verläst die Majestät,

Der Himmel küst uns nach dem Schmerze;

Du bist sein Bild, trag auch sein Herze,

Das Sanftmuth giebt, wenn Demuth fleht;

Sonst dörfte dich der Pöbel höhnen.


Befiehl mir, was du wilst, zur Strafe;

Ich leide gern, sey du nur gut

Und schone mich mit deinem Grolle.

Gesezt auch, daß ich sterben solle,

Ich leide lieber Beil und Glut

Als diese Marter in dem Schlafe.


Im Schlafe werd ich deinem Grimme

Zur schärfsten Marter dargestellt;

Da foltern mich die sauren Blicke,

Da macht dein Eifer, daß ich zücke,

Da flieh ich, wenn dein Donner fällt,

Als wie ein Wild vors Jägers Stimme.


Du solst nur sehn, du solst nur hören,

Ich will davor erkenntlich seyn;

Mein Amor sezt sich dir zum Bürgen:

Ich will dir keine Tauben würgen,

Ich will ein beßer Opfer weihn,

Ich will dich mit Gehorsam ehren.
[49]

Jedoch erscheint die lezte Stunde

Und ist kein Rettungsmittel hier,

So las den Tod dem Fehler weichen,

Im Truncke will ich dich beschleichen,

Ersäufe mich in Malvasier –

Ich mein auf deinem schönen Munde.

Quelle:
Johann Christian Günther: Sämtliche Werke. 6 Bände, Band 1, Leipzig 1930, S. 48-50.
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