Als er sie seiner beständigen Treue versicherte

[81] Weine nicht, mein Kind, ich bleibe

Dir bis in den Tod getreu.

Glaube, was ich denck und schreibe,

Ist und heist stets einerley,

Weil die Redligkeit zum Lieben

Mir Geseze vorgeschrieben.


Gott und Himmel können zeugen,

Daß ich dir beständig bin;

Eher wird die Warheit schweigen

Als mein falsch und leichter Sinn

Das geknüpfte Band zerreißen

Und des Meineids schuldig heißen.


Las die Wetter unterdeßen

Über unsrer Unschuld stehn.

Mustu bittre Mandeln eßen

Und vorjezt auf Dornen gehn,

So bedencke, das Vergnügen

Wird uns einst zusammen fügen.


Warthe mit Gedult der Freude

Und der ungemeinen Lust,

Welche du mit diesem Leide

Dir zuvor verdienen must!

Endlich werden deine Thränen

Dir den Weg zur Wollust bähnen.


Jezo geb ich deinem Kuße

Eine kurze gute Nacht

Und gehorche diesem Schluße,

Welchen das Verhängnüß macht;

Doch ich will in wenig Tagen

Dir die Ankunft wieder sagen.
[82]

Lebe wohl! Die Zunge stammlet,

Und der Augen naßes Heer,

Das die Wehmuth schon versammlet,

Macht so Hand als Feder schwer

Und verbiethet meinem Willen,

Diesen Bogen anzufüllen.

Quelle:
Johann Christian Günther: Sämtliche Werke. 6 Bände, Band 1, Leipzig 1930, S. 81-83.
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