Als er sich der ehemals von Flavien genoszenen Gunst noch erinnerte

[191] Erinnert euch mit mir, ihr Blumen, Bäum und Schatten,

Der oft mit Flavien gehaltnen Abendlust!

Die Bäche gleißen noch von Flammen treuer Brust,

In der wir werthes Paar des Himmels Vorschmack hatten.

O göldne Frühlingszeit! Mein Herz, was kommt dir ein?

Du liebest Flavien, sie ist ja nicht mehr dein.


Hier war es, wo ihr Haupt mir oft die Achsel drückte,

Verschweigt, ihr Linden, mehr, als ich nicht sagen darf;

Hier war es, wo sie mich mit Klee und Quendel warf

Und wo ich ihr die Schoos voll junger Blüthen pflückte.

Da war noch gute Zeit. Mein Herz, was kommt dir ein?

Betrübt dich Flavia? Sie ist ja nicht mehr dein.

Quelle:
Johann Christian Günther: Sämtliche Werke. 6 Bände, Band 1, Leipzig 1930, S. 191-192.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte
Gesammelte Gedichte
Die schönsten Liebesgedichte (insel taschenbuch)
Gedichte Von Johann Christian Günther (German Edition)