[55] Leipzig, den 6. Dec. 1717.
Vergieb auch meiner Menschligkeit
Die Schwachheit angebohrner Triebe,
Kraft derer ich den Ruhm der Zeit
Und unser Angedencken liebe.
Ich lieb und such es, edler Freund,
Ich trag ein sehnliches Verlangen,
Den Kranz der Musen zu empfangen,
Der immer frisch und grün erscheint.
Wer mein Gemüthe nicht erkand,
Der dürfte solchen Hochmuth schelten.
Allein wer wüntscht nicht diesen Stand?
Der Schlechtste will doch etwas gelten.
Geschieht es sonder andrer Last,
So hat die Ehrsucht keinen Tadel;
Darauf beruht des Menschen Adel,
Wenn sein Gedächtnüß Wurzel fast.
Die Hand voll Jahre macht nicht viel
Und heist warhaftig kaum ein Leben;
Den Klugen ist ein längres Ziel
Und eine reichre Zahl gegeben.
Der Wuntsch bleibt also fromm und rein,
Vom Himmel um den Nahmen bitten,
Wodurch wir an Verstand und Sitten
Der späten Welt Exempel seyn.
Ein Kiel, der arme Leute macht,
Verewigt sich mit fremdem Schaden
Und denckt ihm die Vergeßungsnacht
Mit Schweiß und Blute wegzubaden.
Es gräbt das ungerechte Schwerd
Sein Denckmahl auf entfleischte Beine,
Als wären keine schlechte Steine
Der Tittel seines Wütens werth.
[56]
Ein unversöhnlicher Achill
Vergöttre seines Eifers Thaten,
Er zürn und kämpfe, wie er will,
Ins Buch der Helden zu gerathen;
Es stifte Tilly Mord und Weh,
Es breite Wallstein Kränz und Palmen,
Damit er unter Siegespsalmen
Der Nachwelt in die Ohren geh.
Die Grausamkeit fällt nicht auf mich;
Ich lobe den gelehrten Frieden
Und deßen Arbeit, welcher sich
Mit Ruh vom Pöbel unterschieden.
Euch mein ich, längstverblichne Schaar,
Euch mein ich, ihr verliebten Dichter,
Es werden eurer Nahmen Lichter
Erst durch des Todes Schatten klar.
O, nehmt doch auch mein Haberrohr
Und sezt es hinter eure Flöthen;
Es greift, ihr seht es, keinem vor
Und hat geringen Plaz vonnöthen.
Mein Birnbaum hat es recht geschlizt;
Verehrt es doch nur dem zu Ehren,
Von dem wir Deutschen künftig hören,
Daß ihm die Lieb ein beßres schnizt.
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