Sechster Auftritt.

[194] Angela und Colombina aus dem Hauß, und die Vorigen.


ANGELA zu Colombina. Was seh ich? Colombine; was will dieser artige Kavalier hier?

COLOMBINA. Potz tausend! eine ganze Hofstadt!


Alle bediente machen ihre Complimenten.


MÄGERA zu Angela. Schönes Fräulein, schon vor 2. Jahren hab ich sie gekannt, und eben so lang in meinem Herzen angebetet, doch da ich zu solcher Zeit noch nicht Majoren, folgsam auch nicht der Herr meines eigenen Willens war, so hab ich diese Liebe nur aufgespahret, bis ich mich nun gänzlich in diesen erwünschten Umständen meines eigenen Willens befinde, ich bin dann hieher gereist, um ihnen zu entdecken, daß ich sie auf daß zärtlichste liebe, und ohne Verschub willens seye, sie zu meiner Gattin zu erwählen, ich nenne mich Graf von Gansbügel; meine Familie ist in gantz Deutschland[194] bekannt, ich residire auch zu Wien, und dahin müsten sie mich auch, wann sie mich ihres schönen Hertzens würdig achten, als Gemahlin begleiten.

ANGELA vor sich. Was für ein unvergleichlicher Cavalier! ich weiß nicht was ich sagen soll? Zu Mägera. mein Herr Graf, ich kann mir unmöglich vorstellen, daß sie im Ernste so gütig von mir gedenken sollten, allein; wenn auch solches würklich wäre, so könnt ich diese Heyrath weder so geschwind noch auch ohne die Erlaubniß meines Vaters eingehen.

MÄGERA. O ich kenne ihren Herrn Vater, er ist ein alter ehrgeitziger Mann, mit dem ich nichts vorhaben mag, ich verlange durchaus nichts als ihre Person, mein überall bekannter Reichthum, wird sie so glücklich machen, daß sie niemahls Ursach haben werden, von den Gnaden ihres unerträglichen Vaters, etwas zu suchen, ja, wann sie meine Gemahlin werden wollen, so müssen sie mir versprechen, daß sie, ohne daß ihr Herr Vater etwas davon wisse, mit mir die Flucht ergreifen, und niemanden, ausser ihr einziges Stubenmädel mitnehmen wollen.

ANGELA zu Colombina. Ich weis mir nicht zu rathen, was soll ich thun?

COLOMBINA zu Angela. Wollen sie sich noch besinnen? glauben sie, daß ein solches Glück alle Tage komme, man muß solche Gelegenheit mit beyden Händen ergreiffen.

ANGELA zu Colombina. Aber mein Leander.

COLOMBINA zu Angela. Was Leander, Leander, man muß das ungewisse nicht für das gewisse wählen, wer weiß, was es noch mit dem Leander für Anstand hätte, und zu dem ist er ja kein Graf, und bey weiten nicht so artig und so reich, da ist sich gar nicht zu besinnen.

MÄGERA zu Angela. Was halten sie für geheime Unterredungen? ach ich seh es schon, daß ich ihrer Schönheit nicht würdig bin, gewiß, mein Hertz sagt es mir schon zum voraus, gewiß haben sie bereits ihr Herz anderwerts verschenket, und sich dadurch verbindlich gemacht.

ANGELA zu Mägera. Ich? o nein! mein Hertze ist noch vollkommen frey, ich habe noch niemahl einen Liebsten gehabt –

MÄGERA zu Angela. O! sie erröthen, und dieses zeigt mir, daß sie bereits einem anderen die Treue geschworen haben, ja ich rathe ihnen auch, so zärtlich ich sie gleich liebe, daß sie, wenn sie einen andern Liebsten haben, von dieser Liebe ja nicht ablassen, sondern wie es getreuen Schönen zustehet, ihme jederzeit beständig, eigen bleiben sollten.[195]

ANGELA zu Mägera. Mein Herr Graf, ich kann sie auf das theuerste versichern, daß ich Zeit meines Lebens keinen Amanten gehabt habe.

LEANDER vor sich. O ungetreue! o flatterhafte Angela!

MÄGERA zu Angela. So kann ich also hoffen?

ANGELA. Ach ich kann diesem Liebessturm unmöglich widerstehen, ja Herr Graf! hier haben sie meine Hand und auch mein Hertz ich bin ihre Gemahlin.

MÄGERA zu Angela. Mit Freuden schließ ich sie in meine Arme, anjetzo wollen wir unverzüglich in meine hier nahe gelegene Wohnung gehen, alldort alle Anstalt zu unserer Verbindung treffen, und sodann erst bevor wir ab reisen, ihren Herrn Vater diese Sache wissen lassen.

ANGELA zu Mägera. So sollte ich gar nicht mehr in meines Vaters Hauß? –

MÄGERA zu Angela. Es ist nicht nöthig, dieß könnte unserer Liebe eine Hinderniß seyn, ich nehme alles auf mich, und was ihr euch unentbehrliches, noch in dem Hause habt, das will ich schon herbey schaffen lassen.

ANGELA zu Mägera. Nu so sey es, man pflegt ja sonst zu sagen, daß die geschwinden Heyrathen die besten seyn, aber mein Herr Graf, die Colombine muß mich begleiten, und stäts an meiner Seite seyn.

MÄGERA. Dieß steht ihnen zu befehlen, und ihr zu vollziehen frey, wann sie mitzugehen willens ist.

COLOMBINA. O ja! ich gehe überall mit, wo meine Fräule sich hinbegiebt.

HANSWURST zu Mägera. Ihro Excellenz Herr Graf von Gansbiegel, bey dieser Historie hätt ein unwürdiger Heyduck auch sein Wort zu führen. Ihro Excellenz wissen, daß sie mir oft gnädigst versprochen haben, wann etwas mir gefälliges sich hervorthäte, daß ich auch eine Heyrath treffen dörfte, ich hätte nun einen Gedanken, ob ich nicht bey de Gelegenheit auch könnt mit der gegenwärtigen Jungfer Colombina ein kleines Heyrathel treffen.

MÄGERA zu Hanswurst. Ich meinerseits halte dir mein Wort, aber das kömmt meistens auf die Jungfer Colombina selbst an.

COLOMBINA zu Hanswurst. Nu, warum nicht ich könnt dem Herrn just nicht feind seyn, und glaub bey einen so galanten Herrn Grafen, werden wir allezeit zu leben haben.

HANSWURST. Ey sorg sie sich nicht, mein Kind, ich bin dermahlen würklicher Heyduck, und habe die Exspectanz auf den ersten Zwergen, der meinen[196] Grafen crepiren wird, aber was werden der Jungfer ihre andern Amanten dazu sagen, wann sie die Jungfer verliehren werden?

COLOMBINA. O Amanten! Amanten! ich hab keinen Amanten gehabt.

HANSWURST. Ist das richtig, das könte ich nicht glauben, gar keinen?

COLOMBINA. Ich hab wohl einen gehabt, er ist aber just so viel als gar keiner, es war ein gewisser Hanswurst, ein dummer plumper Kerl, daß war aber nur eine Amour aus Noth, weil wir hie auf dem Landguth selten ein Mannsbild zu sehen kriegen, sonst hätt sich ein solcher Zolpel wohl niemahl Rechnung auf meine Person machen dörfen.

HANSWURST. Ja, ja! wies halt geht. Vor sich. o du Rabenaas! du höllisches Zu Colombina. no, wir seynd also ein Poar?

COLOMBINA zu Hanswurst. Ich bin zufrieden, hier ist die Hand.

MÄGERA. Gehn wir nur einmal von diesem Platz, es möchte sonst de alte Herr von Odoardo unsern Spaß verderben, in meiner Wohnung wollen wir schon alles richtig machen Zu Leander. ihr Kammerdiener! laßt euch angelegen seyn, alles so zu veranstalten, wie ichs schon mit euch abgeredet habe.

LEANDER zu Mägera. Eurer Excellenz Befehle sollen auf das genaueste vollzogen werden.


Alle nach Rang und Ordnung ab.


Quelle:
Die Maschinenkomödie. Herausgegeben von Dr. Otto Rommel, Leipzig 1935, S. 194-197.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Der Weg ins Freie. Roman

Der Weg ins Freie. Roman

Schnitzlers erster Roman galt seinen Zeitgenossen als skandalöse Indiskretion über das Wiener Gesellschaftsleben. Die Geschichte des Baron Georg von Wergenthin und der aus kleinbürgerlichem Milieu stammenden Anna Rosner zeichnet ein differenziertes, beziehungsreich gespiegeltes Bild der Belle Époque. Der Weg ins Freie ist einerseits Georgs zielloser Wunsch nach Freiheit von Verantwortung gegenüber Anna und andererseits die Frage des gesellschaftlichen Aufbruchs in das 20. Jahrhundert.

286 Seiten, 12.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.

432 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon