[Wir müssen/ Floridan/ dich lassen]

[21] CORYDON und AMYNTAS/ meine vertrautesten Freunde/ gaben ihre Füsse mir zu Gefärten/ und begleitetē mich so lang/ bis ihnen die Nacht/ zusamt der Ferne des Wegs/ zurükk riefe. Alsdann beschwuren sie mich bey aller der Freundschaft/ so ich bis dahin mit ihnen gepflogen/ und bey dem Nahmē der jenigen/welcher ich mein Hertz hinterliesse!

O ho/ ruffete hier Klajus/ wer war dann diese? Oder vielmehr/[21] wer war kurtz zuvor der/ der sich so rein machen und weis brennen wolte? Es erscheinet aber jetzt/ daß Floridan zuvor sein Hertz in der Brust/und nicht auf der Zung gehabt/ weil diese mit diesem so fein zum Verräter an ihm worden. Sonsten ist/ so viel er selbsten sihet/ durch seinen eigenen Ausspruch das Fürtheil unsrer Berechtigung auf meine Seite gefallen. Nicht ein Haar/ spricht Kahlkopf/ (antwortete Floridan) Ich sehe Klajen nicht so gar für ein steinern Bild an/ daß er sich an seiner Elbe nicht eine oder die andere Schäferinn solte haben gefallen lassen/ könte ich demnach eben das jenige von ihme/ was er von mir/ schliessen/ nemlich/ daß er mit dem Leib zwar hier/ aber mit denen Gedanken bey seinem hinterlassenen Abgott wohnete. Daß aber ich einer solte mein Hertz zu rükk gelassen haben/ bleibt noch unerwiesen mit dem/ weil es besagte Schäfere ausgesaget/ dann sie ja von meiner Sinnen Bewandniß/ so wenig als Klajus/ einige richtige Gewißheit gehabt. Zudem/ so hab ich nie gesehen/ daß einer sein Hertz anderswo/als in der Brust/ benentlich über Land/ oder wie Klajus schwärmet/ in dem Mund/ haben könne/ dann es solcher gestalt sehr mißlich üm sein Leben stehen würde. Beyde Schäfere lacheten hierüber/ und bat Klajus/ Floridan wolte nur seine angefangene Erzehlung fortsetzē: Dann/ sagete er/ ich sehe wohl/ daß Floridan niemahls unrecht haben/ viel weniger sich überstreiten lassen will/ so ist es auch unterweilen nützlich und gut/ daß man von seinem Recht etwas nachgebe und ablasse. Sie beschwuren Floridan bey dem Nahmen der jenigen/ deren er sein Hertz liesse/nun fürter im Text!

Daß ich/ (fuhr Floridan fort/ nachdem er dieser des Klajus schertzhafter Wiederholung abermahls gelachet/ ihre Gedächtniß mit mir hinweg füren/ und mich ihrer Gegentreu und unzertrennlichen Freundschaft allerseits versichren wolte/ und bekräftigte solches Corydon noch mit folgendem Zusatz:[22]


Wir müssen/ Floridan/ dich lassen/1

Dich lassen/ regt uns Hertzensbrast:

Vns wird vielleicht der Himmel hassen/

Weil uns läst ein so lieber Gast.

Nun wir wollen dieses Scheiden

Dulten/ nicht mit Vngedult/

Muß dich unsre Lust schon meiden/

Haben wir doch deine Huld.

Deine nimmer-welke Treu

Werde neu/

Wir versprechen

Wort und Handschlag nicht zu schwächen.

Wir wünschen dir freudig-vergnügliches Leben/

Der Himmel beglükke dein Weben und Schweben/

Er bahne dir selbsten die richtige Bahn/

Es nehme die Pegnitz dich unverletzt an.

Fußnoten

1 Abschieds-Reimen.


Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer/ Sigmund von Birken/ Johann Klaj: Pegnesisches Schäfergedicht. Tübingen 1966, S. 21-23.
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