Der Winter

[15] Der graue Winter hat bereit

Mit rauhem Frost und Traurigkeit

Die Felder überdecket,

So die begrünte Frühlingszeit

Erfreulich auferwecket.


Die Fluthen sind nun eisenhart,

Das Wasser ist fast harnischart,1

Mit Wollenschnee erweichet,

Die Erde mit der Ruhe bahrt,2

Bis sich die Sonn' erzeiget.[16]


Wann unsre Herzen sind erstarrt

Und von der Sünde marmorhart,

Kann sie das Kreuz erweichen.

Des Höchsten Gnad' ist sonnenart,

Wenn wir sie nur erreichen.


Der kurze Tag, die lange Nacht

Hat Manchen viel Verdruß gebracht

In Sünd und Lasterleben.

Wer hat an seine Seel' gedacht,

Die muß in Nöthen schweben?


Gerechter Gott in Ewigkeit,

Der Du verwandelst Jahr und Zeit,

Bleib' nun bei uns in Gnaden.

Du Sonne der Gerechtigkeit,

Schütz' uns vor allem Schaden!


Fußnoten

1 harnischartig.


2 liegt wie auf der Bahre.


Quelle:
Auserlesene Gedichte von Georg Philipp Harsdörffer, Johann Klaj, Sigmund von Birken, Andreas Scultetus, Justus Georg Schottel, Adam Olearius und Johann Scheffler, Leipzig 1826, S. 15-17.
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