(II.)

Bestraffung der Untreue.

[8] Famosus ein trefflicher Rittersmann zu Zeiten König Heinrichs deß Dritten / war ein Mars der stetig eine Venus im Sinn hatte / biß er endlich zu wachsenden Jahren die Flügel bald dar / bald dort / gleich den wärmliebenden Schnaken verbrennet / und sich endlich fangen lassen von Magdalis einer unter den schönsten Jungfrauen / zu derselbigen Zeit.

2. Famosus wartete dieser irrdischen Göttin beharrlich auf / und gewonne endlich ihre Gunst / unter der Hofnung Ehlicher Verbindnis / daß sie seinen Eidlichen Versprechen / daß nicht einer redlichen Bejahung wehrt war / Glauben zustellete / ihm nach und nach / mehr unziemliche Vertrauligkeit gestattete /und seine gute Wort mit dem bösen Werck der Finsternis belohnte.[8]

3. Magdalis hatte ihr kaum rauben lassen / was sie die Zeit ihres Lebens nicht wieder erlangen kunte /sihe / so bald ist dieser ihr getreuer Knecht ein gantz untreuer Herr: ihr so / hoch verpflichter Freund / ein entwichter Ehrvergeßner Feind; die Liebe ein Haß: die Flammen eisenkaltes Eiß und Schnee. Wie dieser unglükseligen Schönen zu Sinne gewesen / ist leichtlich zu erachten.

4. Famosus / als ein Wetterhaan / wendet sich von der / welche er zuvor mit grosser Ehrerbietung gleichsam angebettet / und wann er ihre Gegenwart nicht vermeiden mögen / hat er mit falscher Hoffnung ihre leichtglaubige Gedancken bethöret.

5. Es fügte sich aber daß ein grosser Herr sich von Hofbegabe / wegen eines empfindlichen Widerwillens / so er gegen sich von dem König verspühret / dieser begehret Famosum / als einen lustigen und unruhigen Kopf in seine Dienste zu ziehen / und schlägt ihm zu solchen Ende eine Heyrat vor / mit seiner Basen einer / benebens versprechen / ihn vor allen andren zu befördern und groß zu machen. Dieser Hofmann / der von Zeit seines blühenden Verstands nach Ehren gestrebt / ergreifft die vermeinte gute Gelegenheit mit zweyen Händen / verlässet den Hof und seine Magdalis / welche bald hernach ein junger Sohn zu einer traurigen Mutter machte.

6. Famosus kommet mit Almansor seinem Herrn nach Hauß / und lässt ihm Thriphile seine Base trauen / bevor Magdalis einige Nachrichtung darvon erlangen können. Der neue Ehman lebt in vollen Lüsten /und denket nicht einmal zurücke an die Verlassene /welche von seinen Augen und Angedencken weit entfernet war.

7. Almansor trachtet sich an dem König zu rächen /und das gantze Land wieder ihn zu erregen / welches frevle Vorhaben dem König / der so wol offne Ohren /als lange Hände hatte / nicht verborgen seyn konte. Dem übel nun zeitlich zu steuren und die Funken in den Aschen außzuleschen / sendete der König einen Theil seines Heers dahin / dessen Almansor[9] nicht erwartet / sondern seine Zuflucht zu dem damaligen König in Navarram genommen.

8. Dem Famoso würde ein fester Ort anvertraut /darinnen hält er sich ein zeitlang / biß die Soldaten wider jhren König nicht mehr fechten wolten / und er sich auf deß Königs Gnad ergeben muste / verspürte aber vielmehr Ungnade / in dem niemand für ihn bitten / oder sich seiner annehmen wollen: aus Furcht wegen der Auffruhr in bösen Verdacht zu kommen /so gar daß Famosus das Leben / andern zum Beyspiel verlieren solte.

9. Magdalis hielte sich damals bey einer Fürstin in Diensten / welche Macht hatte / ein Wort mit dem König zureden: Diese flehet sie inständig an / sie solte ümb deß Famost Leben bitten / wie dann auch beschehen. Der König hatte diese Magdalis mehrmals gesehen / und begehret von jhr selbsten mündlich anzuhören / was Ursach sie doch bewegt für diesen undankbaren / Eh- und Ehrvergessnen Gesellen so eiferige Vorbitte einzuwenden. Nach dem er aber verstanden / daß die grosse Trůbsal und treulose Falschheit ihre Liebe nicht gehindert oder vermindert / hat ihm der König Gnade erwiesen / jedoch mit der Bescheidenheit / daß er der Magdalis Sohn für den seinen halten / und gleich den andern Kindern von Triphile mit erbenlassen solte.

10. Es ist nicht zu schreiben / mit was Verwunderung Famosus solche Freundschafft von seiner Feindin / die er umb Ehr und alles zeitliche Glück bringen wollen / angehört / und hat daraus ihre getreue Liebe in der That erkennet: die er hingegen mit keiner Danckbarkeit erwiedern mögen.

11. Das Parlament betrachtete das grosse Unheil /welches aus besagter Auffruhr entstanden / und unterlässet nicht Famosum / sampt noch 2. andern zum Tod zu verurtheilen: und wůrde also Famosus hingerichtet / bevor die Königliche Begnädigung in der Gefängnis angezeiget worden / da er dann vor seinem Ende bekennt / daß seine Untreue solche abscheuliche Straffe verdienet / und weil er kein ander[10] Mittel / seiner erstgepflichten Magdalis einige Wiedergeltung zu leisten / hat er ihren und seinen Sohn / als den erstgebornen zu einem Erben aller seiner Verlassenschafft eingesetzet: sie aber für sein rechtes Ehweib erkennet. Dieses hat nachmals der König bestättiget / und ist der Magdalis Sohn seines Vatern Namen-Schild- und Helmträger / nach erbrichtiger folge verblieben.

12. Hieraus ist zu sehen / daß das Sprichwort war /welches sagt: Untreu bringt Reu: und wie die Schrifft sagt / daß das Unglück von dem Hause deß Undanckbaren nicht weichen werde. Gott bringet die Werke der Finsternis an deß Tages Liecht / gleich wie er die Wolthat / welche verborgen geschiehet / offentlich belohnet.

13. Ein Jungfer wird nicht leicht beständig hassen /

Den sie erst hat das Kräntzlein rauben lassen:

Solt er nochmals ihr vergessen / sonder Scheu /

Wird doch bleiben ihre Treue täglich neu.

Weiber-Volk pflegt ins gemein

Ersten Bulen hold zu seyn.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der Grosse Schau-Platz jämmerlicher Mord-Geschichte. Hamburg 1656, S. 8-11.
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