(XI.)

Die zuspate Reue.

[37] Ob wol die vorhergehende Geschicht keinen blutigen und mörderischen Außgang gewonnen / und deßwegen in diesem Schauplatz keine Stelle haben solte: so ist doch solche daher zu zehlen / weil vermutlich der ärgerliche Hurnmann dem Seelenmörder zu theil worden ist. In solcher Betrachtung kan auch nachgehende folgen.

2. Ein Vornemer Geistlicher unter den Bettelmönichen / hat seiner Schwester Sohn zu den studiren /und allem Guten angehalten / daß er wol zugenommen / und zu Erwerbung hoher Dienste grosse Hoffnung gemachet.

3. Valfroy / also war dieses Mönichen Nam / fande daß das Joch deß Klosterlebens seinen Nacken eine gantz unerträgliche Last were / und suchte er / unter einen gutē Schein / böses Gespräch mit Weibspersonen / und dardurch der Werke der Finsternis theilhafftig zu werden. Diese Thiere sind nie gefährlicher / als wann sie zam werden: für den wilden hat man sich nicht zu fürchten.

4. Kurtz / er verfährt so ärgerlich / daß jedermann übel von ihn / und allen seinen Mitbrüdern / die solches verstatten müssen / redete / massen sie auch darüber ein so böses Gerücht erlangt / daß ihnen fast niemand mehr einig Almosen steuren wollen.

5. Fernerem übel vorzukommen / wird Valfroy in eine andre Statt verschickt die Fasten-predigten aldar zu verrichten / weil er beredt und in den Streitfragen wol beschlagen / und in selben Ort viel Hugenoten sich auffhielten.

6. Ruth eine schöne Hugonottin kommt mit diesen Prediger in Kundschafft / daß er von etlichen Sachen mit ihr zu disputiren beginnt / welche nicht in[38] dem Bellarmino zu finden / und sie wie Boas mit seinen Flůgeln bedecket / und ehlichet.

7. Dieser Mönich ändert die Religion / und prediget für die / wieder welche er zuvor das Wort geführet / weil er ein sehr beredter und gelehrter Mann / der alle Sachen zu seinen vorhaben ziehen können.

8. Ein Abbt / welcher nicht weit davon wonhafft /besuchte Valfroy / und vermerckte wol / daß ihm Fleisch und Blut solche Religion geoffenbahret / und daß er für seine vier Kinder / welche ihm Ruth geboren / Sorge trüge / wann er wieder in das Kloster gehen solte / verspricht ihm deßwegen / solchen allen reiche Unterhaltung zu schaffen / und von Rom vollen Ablaß / zu erhalten wann er wieder in das Kloster gehen würde.

9. In dem nun Valfroy diese Verkehrung oder Bekehrung verzögert / überfällt ihn ein hitziges Fieber /daß er gantz von Sinnen kommet. So bald solches der Abbt einträchtig wird / kommt er den Krancken zu besuchen / bemühet ihn genommene Abred vollziehen zu machen: aber viel zu spat / dann er in seiner beharrlichen Schwachheit auf alle fragen zur Antwort gabe / die Wort so unser Seligmacher zu den Thörichten Jungfrauen gesprochen: (Nescio vos) Ich kenne euer nicht / ich kenne euer nicht. Ist also in allen seinen Sünden ohn allen Verstand Reu und Busse dahin gefahren.

10. »Ob wol die Ehe ein GOtt wolgefälliger Stand /so kan er doch auch bey solchen Weltkindern / und ungeistlichen Geistlichen dem Höchsten mißfallen. Je besser eine Sache / je schädlicher ist derselben Mißbrauch / wie wir sehen / daß das Korn / deß Menschen beste Nahrung zu Gifft / und das süsse Honig zur Gallen wird.« Der Ehestand hat drey Ursachen. I. Die Fortsetzung Menschliches Geschlechts. II. Beyhülffe mit Gut und Blut. III. Die Außlöschung fleischlicher Begierden. Wer dieses letzte allein suchet / ist fast viehisch gesinnet.[39]


11. Das zeitliche lieben

macht ewig betrůben:

Das fleischliche suchen

macht endlich verfluchen.

Die Gottes vergessen /

vergisset Gott wieder:

Weil jhre Gelieder

der Teuffel besessen.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der Grosse Schau-Platz jämmerlicher Mord-Geschichte. Hamburg 1656, S. 37-40.
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