(XXVIII.)

Der unverschämte Ehebrecher.

[94] Es finden sich viel ruchlose und Ehrvergessne Leute /welche das Laster für eine Tugend halten / und sich derselben rühmen / wie jener Edelmann seinen Bauren gestrafft / daß er sich vol getruncken / welches dem vom Adlen allein zustehe / und sie dergleichen Eingriffen an ihren habenden Rechten nicht leiden können / und dieses heist Ehre auß der Schande suchen.

2. Macrobius ein Handelsmann in Burgund / war ein solcher Gesell. Er hielte sein Weib mit Worten und Schlägen sehr übel / welches sie alles / als eine ehrliche Frau mit mehr als weiblicher Gedult geschehen lassen / daß er auch das Holtz aus ihrer Küchen getragen / und solche Unthaten verübt / welche sie Gott zu straffen anbefohlen / sich aber an ihm auf keinerley weise zu rächen begehret: wolwissend daß ein Laster das andre nicht rechtfertiget.

3. Anfangs als Gondena ihres Mannes Freygebigkeit ausser Hause vermercket / und aus seiner Kargheit in dem Ehbette verspüren muste / war sie zwar mit Eifer entzündet / als sie ihr aber seinen Zorn dardurch auf den Halß gezogen / und von ihm übel zerschlagen wurde / hat sie ihr fürgenommen kein Wort mehr deßwegen zu verlieren / sondern alles mit[94] stillschweigen gedultig zu ertragen / dardurch sie auch etlicher massen den Haußfrieden erlangt.

4. Dieser seltnen Gedult mißbrauchte Macrobius /und nimmet zu sich in das Hauß seinen Anhang / eine lecihtfertige frevle Dirne / und lebte mit ihr in ärgerlichen Ehebruch / seinem Weibe zu trutz. Hier hatte der Vorraht aller Gedult / welcher Gondena gesammet /ein ende / weil die Belagerung zu lang daurte. Was wir nicht sehen beweget uns so sehr nicht / was aber in unsrer Gegenwart beschiht / das gehet viel tieffer zu Hertzen.

5. Gondena murret wieder ihren unverschämten Ehebrecher / und bedrauet ihn / wann er diese Metze nicht aus dem Hause schaffen wolte / so wolte sie solches der Obrigkeit klagen / welche ihr die Hand bieten würde / weil die ihren zu schwach solchem übel zu steuren. Macrobius aber lässet sich solche Wort nicht hindern / sondern befihlt der Silvana / seine Dirne / sie solte doch seiner Frauen alles zu wieder thun / was sie könte: er wolte ihr wol Schutz halten.

6. Dieser Befehl war der leichtfertigen Schleppen gröste Freude. Sie liesse es nicht bey Scheltworten verbleiben / sondern setzte ihren Hochmuth fort mit Lügen straffen und Backenstreichen / und solches alles war bey dem Mann recht und wol gethan / weil er es befohlen.

7. »Dem gedultigen Job hat Gott seine Kinder genommen / aber die böse Frau / als deß Teuffels Werckzeug gelassen / welche ihn auch zur Ungedult bewogen: wie solte dann ein Weib so frevles verfahren mit stillschweigen vorbey gehen lassen?« wir wollen hier nicht vermelden / was Macrobius mit Silvana in Gegenwart seines Eheweibs begangen / welcher das Hertz darüber in tausend Stücke zerspringen mögen. Dieser Agar muste die Sara über dieses alles /noch dienen und aufwarten / ja ihr das Ehebette raumen / und wurde zu zeiten genöthiget / sich zu Macrobio / auf die andre Seiten zu legen / welches sie thun müssen / wann sie nicht hat wollen mit dem[95] Dolgen ermordet / oder mit dem Pistol durchschossen werde.

8. Als sie nun einsten diesen Ehbrächers Händlen zusehen musste / springt sie aus dem Bette / ergreifft das geladne und gespannte Pistol auf dem Tisch / und durchschiest sie beede / (wie dorten Pineas dergleichen Personen mit seinem Spiese durchstochen) daß sie in wenig Stunden dahin gestorben.

9. Dieser Amazonin were leicht gewesen sich mit der Flucht zu retten / oder ihr selbsten das Leben abzukürtzen: sie wurde aber anders Sinnes / und stellet sich für die Obrigkeit / erzehlet die begangne That und derselben Ursachen / man befragt die Nachbaren und Verwandten / und wird ihr Vorhaben wahr befunden.

10. Die Richter hielten diese rechtmässige Rache vielmehr der Verzeihung / als Bestraffung würdig /weil auch einem Mann / in dergleichen Verbrechen Rache auf handhaffter That zu üben verlaubt / und gienge sie also gerechtfertiget in ihr Hause. Wie aber diese Ehebrecherische art gefahren / ist leichtlich zu erachten.

11. Erstbesagte That wurde Statt und Landkündig /der Ausspruch von allen verständigen gelobt / und wann dergleichen bey Mann und Weib vorgienge /pflegte man zu sagen / es wird ihr gehen / wie Macrobio / oder wie Silvana / daß also viel böses dadurch verhütet worden.

12. Der H. Apostel Paulus zehlet den Ehbruch durch die offenbaren Wercke deß Fleisches / welche wider das Gewissen begangen werden / und sagt / daß wer solches thue / das Reich Gottes nicht ererben könne. Hiervon wollen wir die Geistlichen ein mehrers reden lassen.


13. Das Bildnis deß Ehbruchs.


Was deut das fette Bild dort auf den Federsäcken:

In seiner linken Hand hat es nechst einer Schlangen

Den Meer-Aal / welcher sich schlingt selbe zu umbfangen /

Und den gebrochnen Ring kan es hier nicht verstecken /[96]

Sein Kleid ist schön geziert / und weist der Müssiggang /

Daß böse Fleisches Lust heist recht ein Höllenstrang.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der Grosse Schau-Platz jämmerlicher Mord-Geschichte. Hamburg 1656, S. 94-97.
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