(XXXX.)

Der Frantzosen Leichtsinnigkeit.

[133] Ob die Frantzosen mit Fug leichtsinnig zu nennen /wie sie ins gemein gehalten werden / haben wir ümständig betrachtet in dem CCLXVI Gespräch spiele §. 16. Als ich zu Rom war / hat sich innerhalb 14. Tagen ein Exempel begeben / welches die Italiäner nicht genugsam verwundern können / und weil ich es / wie viel andre Sachen bemercket / wil ich[133] es hieher setzen / und dem Leser darüber zu urtheilen frey lassen.

2. Bey deß Hertzogs von Bethune / damaligen Frantzösischen Gesandten zu Rom / Hofstat / haben sich zween von Adel auffgehalten / welche Landsleute / Verwandte / und als Brüder mit einander in einer Behausung / in einer Kammer / und über einem Tische gelebt. Sie hatten einen Beutel / einerley Diener und einerley Kurtzweil / ja ein Bett.

3. Als sie nun wegen Frauenzimmer etliche Schertzreden wechselten / ergrimmet der eine / und versetzet dem andern einen Backenstreich: der geschlagene antwortet mit der Faust: sie waltzen sich aus den Federn / und schlagen einander mit Fäusten. Als sie deß Handels fast satt / sagt einer / was schlagen wir einander wie Bernheuter / laß uns die Degen nehmen / und als Edelleuten gebühret die Sache außtragen. Der ander verwilligte also bald darein / und hat diese letzte Rede / einer von ihren Dienern / gehöret / welcher so bald hingelauffen / und ihr vorhaben den H. Gesanden angemeldet.

4. In dem nun diese beede unterwegens / kommen ihnen die andren Frantzosen entgegen / bieten ihnen wegen ihres Herrn Friede / und führen sie zu rucke nach Hof / aldar sie der Herr Gesande vereiniget / und zu vorgepflogener Freundschafft vermögt. Wol die Sache ist verglichen / und sie sind in vorigem vertrauen / als ob sie niemals einiger Unwill entzweyet hette. Dieses ist ein versöhnliches Gemüt / welch es bey Italiänern und Spaniern selten zu finden / bey den Teutschen und Frantzosen nichts neues ist.

5. Wenig Tage hernach hat einer von ihnen einen andern Streit mit auch einem Frantzosen / und spricht den andern zu einem Beystand an / welcher also bald willig darzu. Nach dem sie nun die Post genommen /und sich in dem Farnesischen Gebiete schmeissen wollen / werden diese beede unter dem Thor zu Rom aufgehalten / weil ihr Anschlag[134] verkundschaffet / und die andren wieder zu rucke gebracht. Dieser Zwist wird durch den H. Gesanden nochmals beygeleget. Hierüber machten die Italiäner abermals ihr Gespräch / und verwunderten / daß der seinen itzigen Freunde zu gefallen sein Leben aufsetzen wollen / welcher neulichst sein Feind / und es ihm zu nehmen getrachtet.

6. Noch viel grösser Wunder erweckte der dritte Handel. Zween Frantzösische Edelleute werden über den Spielen strittig / einer unter den zweyen von welchen wir reden / ist darbey / und bittet sich an zu einem Beystand dessen / welcher nach seiner Meinung recht hatte. Der andre nimmet seinen Hauß- und Tischgenossen zum Gegenbeystand auf seiner Seiten. Diese vier reisen nach Caparolle und rauffen mit einander. Nach dem sie aber alle vier sehr verwundet /kehren sie zu ruke in die Statt / und lassen sich verbinden / als ob sie mit vier andern zu fechten gehabt /und keiner jemals deß andern Feind gewesen were.

7. Die Italiäner haben der Frantzosen Eifer mit einem Donnerschlag verglichen / der schnell darnieder fället / und keinen Schaden verursachet / ins gemein aber haben sie dieses der Frantzösischen Leichtsinnigkeit zugeschrieben / welche ihr Leben so gering schätzig mache: da hingegen die Italiäner und Spanier in ihren lieben und hassen beständig verharren / und selten ihren Feinden unter Augen verkündigen / sondern der Gelegenheit erwarten / ihnen mit ihrer Sicherheit zu schaden.

8. Der Mensch hat Leib und Seele / und ist schuldig GOTT von beeden Rechenschafft zu geben. Er kan seinem Leibe durch übermässiges essen und trincken so wol / als durch unnöhtige Gefahr und Wagnis / Schaden zu fügen / und sein Selbstmörder werden /was nun solche für eine Straffe auff sich laden / ist bewust. Bleib in deinem Beruff / »so hast du ein gutes Gewissen / und kanst dich in dem Nohtfall desselben getrösten.«[135]


9. Buchstab-Wechsel.

Ehr: Reh.

So schnell der Rehbock fleugt

Wann er gejaget wird:

So sehr sich selbst betreugt

Und in der Rechnung irrt /

Der durch viel schlagen

Wil Ehr erjagen.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der Grosse Schau-Platz jämmerlicher Mord-Geschichte. Hamburg 1656, S. 133-136.
Lizenz:
Kategorien: