(LXIV.)

Der tödtliche Schrecken.

[216] Die Warheit und Falschheit vergleichen sich füglich mit Eisen und Don / welches der Prophet an den Füssen deß Reichbildes Nebucadnezars auf die letzten Zeiten gedeutet hat. Eisen und Don kan kan zwar beysammen kleben / aber nicht unter oder mit einander vermischet werden also findet sich zwar die Warheit und Falschheit in einer Sache gefüget / wie Gold und Silber in deß Bildes Haubt und Brust / aber doch muß ein jedes unterschieden / und offenbar werden / daß die Warheit von Gott ist / der ein Greuel hat an den falschen Hertzen / und die Lügen vom Teuffel / der einen Gefallen hat an List und Trug / wie nachgehendes Beyspiel beglauben wird.

2. Basian ein Frantzösischer Edelmann / hat nach außgestandener langer Mühe / eine Jungfer[216] Ephesia genannt / ihme ehlich trauen lassen. Anfangs war dieser beeden Liebe hertzlich / ein ja und ein nein / und hetten sie nicht mehr / als solcher Beharrligkeit erwünschen können. Es hat aber jener von dem Ehestand recht gesagt / daß wenn alles nach Wunsch beschaffen / niemand doch Gewehrschafft leisten könne daß solches in vollem Wolstand verbleiben werde; und haben wir die Frage: Ob die Liebe durch Besitz der geliebten Person abnehme? in dem CCXXXI. Gespräch spiele außführlich behandelt.

3. Basian vergnügte sich also nicht mit den zugelassnen Früchten / sondern liesse sich auch der verbottenen gelüsten / welche ihm Ephesia gleichsam vorlegte / in deme sie zu einer Dienerin angenommen Agar / eine wunderschöne Dirne / so fast niemand ohne Liebesneigung anschauen mögen. Ephesia war ihres Mannes ehlicher Treue so versichert / wie sie vermeint / daß sie nicht in acht genommen / wie Basian gegen ihre Dienerin entbrannt / biß alle Vermittlung erfolgten Unfalls zu spatt und verabsaumet gewesen.

4. Agar war jung und fürwitzig / gabe ihrem Herrn mehr Gehör / in unziemlichen begehren als sie solte; ja sie verachtete ihre Frau / weil sie sich mehr geliebet sahe / daß sie endlich von ihr auß dem Hause und Dienste gestossen werden sollen / welches aber Basian keines wegs wollen geschehen lassen / und dardurch entdecket / was er in dem falschen Hertzen hatte. Hieraus nun ist ein grosser Eifer entstanden /und die Liebesflamm Basians sich nach einem andern Wind gewendet / wie mit vielen kitzlichen ümständen anzuführen unnöhtig ist.

5. So freundlich Ephesia zuvor gewesen / so feindlich ist sie in dem Hause / daß Basian ihr die Hand auf den zanckfertigen Mund legen müssen / weil er Socratis Gedult nicht hatte / wann sein Weib zu xantippoisiren pflegte. »Ein Körnlein Wermut verderbet einen gantzen Topf Honig. Ein eifersüchtiger Argwahn kan einen gantzen Haußfrieden[217] zerstören und in Zerrittung setzen« / ja er gleichet dem Wurm / welcher der schönsten und besten Früchte nicht schonet. Basian hatte groß unrecht daß er von ehlicher Liebe außsetzte: Ephesia thate hingegen auch nicht verantwortlich und verständig / daß sie vermeint sich mit schreien und zancken beliebt zu machen / welches vielmehr Haß verursachet.

6. Was thut aber diese eifrende Ephesia? Sie nimmet in ihre Dienste einen sehr schönen Edelknaben von zehen oder eilf Jahren / und erweiset ihme in bey sein ihres Mannes solche Freundligkeit / die einem ehrlichem Weibe übel anstehet: ob er wol böses zu vollbringen nicht fähig. Basian mahnet sie von solcher Leichtfertigkeit ab; sie sihet daß es ihme zu wider / und wil sich solcher massen an ihrem Mann /wegen der Agar rächen: gestalt es keine so fromme Weiber mehr giebt wie Sara / die ihren Mann gebetten / er solte sich zu ihrer Magde (aus verlangen Kinder zu haben) legen.

7. Fernerem Unheil vorzukommen / kauffte Basian einen Dolchen / wie man in den Comödien / oder Freudenspielen gebrauchet / dessen Klinge in das Hefft zu rucke weichend / die Zuseher glauben machte daß die Spitze in den Leib dringe / und das Blut /welches in dem Hefft verborgen / heraus presset. Als nun Ephesia auf einem Abend den Edelknaben küsste und hertzte / stellet sich Basian ergrimmet / und stösset / ihr eine Furcht einzujagen / den jungen / und als denn sie mit dem falschen Dolchen / daß Ephesia gantz erstarret / und starr todt zu Boden sincket / ob sie wol nicht verletzet war.

8. Das Geschrey erschallet in der gantzen Statt /Basian hette sein Weib in Ehebruch mit dem Edelknaben ergriffen / und ermordet. Der Bannrichter lässet hierüber Kundigung einziehen / und findet sich die Sache wie erzehlet / der Knab auch / welcher sich so sehr nicht entsetzet / war in dem Leben / und wegen seines Alters deß Ehebruchs nicht beschuldiget. Ephesia aber hatte keine Wunden an ihrem Leibe / der Dolchen war verhanden / und sagten die Aertzte[218] samtlich / daß der Schrecken tödtlich / in deme er das Geblüt zu dem Hertzen eilen mache / (deßwegen auch die Erschrockenen bleich und blaß werden) und solches ersticke.

9. Basian betraurte seine unschuldige Ephesiam /weil sie aber ihme wegen deß Edelknabens mißfallen / wolte niemand glauben / daß es sein Ernst. Der verstorbnen Ephesia Bruder wolte diesen Tod rächen /weil Basian von der Obrigkeit nicht gestraffet worden / und vernahme / daß er seine Agar freyen wolte. Diese beede kommen auf den Platz / und Eulogius /also nannte sich der Ephesia Bruder / durchrennet seinen Schwager / daß er gleichsam mit den Degen auf der Erden angepfälet liegen geblieben. Also straffet Gott die Blutgierigen und Falschen / wann auch der Betrug zu gutem Ende angesehen / wie hier Basian keinen Vorsatz sein Weib zu tödten gehabt.

10. Die Betrüger werden von Capaccio verglichen mit Perillo / der einen Oxen von ärtz gemachet / in welchem der das Leben verschuldet / wie ein Ox /durch die Glut zu brüllen gezwungen werden sollen. Der König aber had diesen Künstler am ersten die Probe thun / und ihn darinnen verbrennen lassen. Unter solches Gemähl könte man folgende Verßlein schreiben:

Es wird von der Flamm verzehrt /

der die Feuer Kunst gelehrt /

wer den Nechsten denckt zu schaden

pflegt Gefahr auf sich zu laden.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der Grosse Schau-Platz jämmerlicher Mord-Geschichte. Hamburg 1656, S. 216-219.
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