(LXVIII.)

Die entdeckte Verrähterey.

[227] »Wie die Ehre / welche wir von unsrer Ahnen ererben / für eine grosse Eitelkeit zu achten / wann sie nicht mit würcklicher Tugend / Tapferkeit Verstand und Wissenschafften fortgesetzet wird: Also ist auch die Schande welche einer Person begegnet / für keine Schand bey den Nachkommen zu achten / wann sie sich derselben Person verbrechen nicht theilhafftig gemachet.« Dieses setzen wir zu dem Ende hiervor / daß wir nicht für die angesehen seyn wollen / welche andre Geschlechte oder derselben Verwandte beschimpfen / sondern das / was fast weltkündig / und eigentlich nicht zu den Haubtgeschichten gehöret / anzumelden uns vorgenommen haben.[227]

2. Im Jahr 1642. in dem Herbst hat Herr Obr. Forkense (also wollen wir ihn mit versetzten Buchstaben nennen) von Herrn Feldmarschalk einen Paß- oder Geleitsbrief (üm seinen Trompeter zu den Keiserischen zu schicken / üm daselbst frey Geleit / seine hochschwangere Gemählin nach Erfurt zu bringen /auszuwürken) erhalten. Dieses war die falsche aber sehr scheinliche Ursache seiner gesuchten Verhandlung / welche zu der Schwedischen höchsten Nachtheil und ihres Feldlägers endlichen verderben hette außschlagen können.

3. Also sendete er einen Trompeter mit einem offnen / und noch andern versiegelten Schreiben zu den Kaiserischen ab / welcher zu Abeburg 2. Meil von Saltzwedel / wo damals das Haubtlager war / und der Paß oder Geleitsbrief / der vor etlichen Monaten gegeben / von dem Gebietiger deß Orts nicht für richtig gehalten / und der Trompeter wieder zu ruke gewiesen worden. Und weil die Sache eine hochschwangere Frau betreffen solte / ihre Entbindung aber keinen Aufschub leiden möchte / ist daher der Verdacht so viel grösser worden.

4. Bevor aber der Trompeter zu rucke kehret /schüttelt sich das Pferd / daß die in dem Sattel verborgene Briefe heraus in das Stroh fallen / welches dem Trompeter gantz unwissend. Nach seinem Abtritt kommt ein junger Hund / springt in dem Stroh herüm / und findet den einen Brief / spielt damit so lang biß es ein Rittmeister ersehen / der den Brief erbrochen /und ob er wol fast zerkiefet / doch so viel lesen können / daß besagter Obrister mit dem Gegentheil in guten vernehmen gestanden.

5. Hieraus erscheinet die wunderliche Schickung Gottes / der leichtlich an das Liecht bringen kan / was in verborgener Finsternis beschiehet. Dieser Hund verusachte / daß man in dem Stroh ferners nach suchte / und noch einen Brief fande / der also bald an damalichen Feldherrn übersendet wurde / und von deß Obersten Vorhabens mehrern Bericht estattete.

6 Der Trompeter hatte kaum seinem Obristen[228] angemeldet / wie er zu Abeburg aufgehalten worden / und in dem der Obriste sich deßwegen bey den Herrn Abgeordneten G. beklagt / wird er gefangen genommen /und auf das Rahthaus verwarlich gefähret / wenig tage hernach Standrecht über ihn gehalten / und nach Verlesung der Briefe und volliger Erkündigung der Sachen / vom Leben zum Todt / mit dem Schwert gerichtet zu werden / verurtheilt.

7. Ob er nun wol sein Verbrechen dahin gezogen /daß er allein für seine Person / ohne Nachtheil deß gemeinen Wesens auf Kaiserliche seiten zu tretten gewillet / und mit einer beweglichen Rede sein Leben zu fristen gemeint: hat es doch nichts helffen wollen /und ist / andren zum Abscheu / auf dem Markt / in der Altstatt enthaubtet / sein Leichnam aber folgenges Tages ehrlich zur Erden bestattet worden.


8. Wann die Menschen böses treiben /

kan es nicht verborgen bleiben

lange zeit.

Gottlässt sich von uns nicht trügen /

Und die Straff der Meuchel lügen /

ist nicht weit.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der Grosse Schau-Platz jämmerlicher Mord-Geschichte. Hamburg 1656, S. 227-229.
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