(LXXXIV.)

Der bestraffte Rahtgeber.

[280] Ein böser Raht ist deme nachteilig der ihn giebt / und deme der ihn vollziehet und zu werke richtet. Wie aber der Stamm / die Aeste / Blätter und Früchte ursprünglich von der Wurtzel kommen; also kommet auch ein böser Rahtschlag von einem bösen Menschen ohne welchen das erfolgte Unglück verblieben were. Also hat Achitofel mehr Sünde gethan / als Absolon; weil jener mit gutem Vorbedacht / dieser aus blinder Thorheit Unheil angerichtet / und preiset die Schrifft den selig / der nicht in den Raht der Gottlosen gehet / und auf der Spötter Stuel sitzet. Daß nun der böse Weiber Raht viel sträfltlicher als manchesmals die That / sol die Haubtlehre seyn folgender Geschichte.

2. In Sicilien (die Statt wird nicht benamt / der Beschreibung aber nach muß es Palermo gewesen seyn) war Demetria eine Jungfrau zartes Alters und zärterers Leibes mit einem alten Hachten[280] vermählet / dessen schwacher Zustand ihr alle Vergnügung abgeschlagen / daß sie alle Stunden ihres Ehestand / als Tage einer Gefängnis gezehlet. Nach geraumer Nachwart / hat der Tod mit seinem Pfeil die Thür dieser in Ehefesseln gefangenen Demetria eröffnet / und in die Freyheit deß Wittibstandes gesetzet. Die geschwinde Veränderung leitete das unbedachtsame Weib / daß sie deß Tages Liecht weniger / als die Finsternis ihrer Gefängschafft tragen mögen. An ihren schwartzen Leidkleidern sahe man wol daß unter solchen Kolen Feuer verborgen / und gangen so Nachts so Tags junge Freyer bey ihr ein und aus / wieder deß Lands Gebrauch / daß Demetria dem bösen Gerücht übel zu reden grosse Ursach gegeben.

3. Ihr Vermögen von ihren Eltern / von ihrem Mann und ihre Schönheit waren keines Wegs zu verachten / und (wie niemand auf einmal böß wird) hatte sie erstlich nur ihr absehen einen unter vielen zu erwehlen / nachmals als sie nichts entschliessen können / und ihr heute diesen / morgen einen andern gefallen lassen / hat sie lieber viel Männer in dem Werk / als einen allein mit Namen und ehlicher Verbindnis haben wollen. Damit sie aber doch den Schein eines ehrlichen Lebens behalten möchte / hat sie allezeit etliche in der Hoffnung erhalten / sie zu heuraten / und also den Namen der Ehre gebraucht wie einer Laterne / auf der Gasse für den Leuten / in dem Hause aber /hat sie das Liecht außgeleschet / und die Latern unter die Bank gesetzet.

4. Wegen dieser Demetria hat es viel rauffens und schlagens unter der jungen Bursche gegeben / daß man ins gemein darvor gehalten / man solte diesen Stein deß Anstosses aus dem Wege / und aus der Statt raumen / welches auch sehr gut gewesen / wann es geschehen bevor folgendes Unglück sich begeben.

5. Unter vielen Buleren dieser Panthora fande sich ein junger Herr Fußbert genamt / der sich für einen Buler angegeben / weil er vermeint Demetria[281] sey gar eine ehrliche Wittib / massen sie ihme die Augen blenden / und wie eine Circe mit holden Worten gleichsam bezaubern können. Ihre Schamhafftigkeit /welche mehr Liebe verursachet als Frechheit / war bey Fußbert so beglaubt / daß er alles übels / was er von ihr gehört für Verleumbdung gehalten / und sie zu freyen nichts abhalten lassen / als sein minderjähriges Alter / das er noch der zeit der Gerhaber Gewalt /welchē er kein Wort von dieser Heurat anmelden dörffen / unterworffē. Nach langer Beratschlagung vergnügte sich Demetria mit einem schrifftlichen Eheversprechen / welches er / so bald er seine vogtbare Jahre erreichen würde / mit hochzeitlicher Begengnis zu vollziehen schuldig seyn solte etc.

6. Nach deme sie nun in dem Winkel Mann und Weib worden / hat Demetria doch mehr Haanen haben wollen / und als Fußbert darüber geeifert / hat sie ihn als einen argwähnischen / mißtrauischen und unverständigen Gauchen den Kopf mit zanken zu recht setzen wollen; daß er noch üm Verzeihung bitten müssen / und die eingeschlossnen Hörner / (wie die Zähne) mit Gedult ertragen müssen: doch als er höret / daß diese Magdalena in der gantzen Statt / für eine offne Dirne berüchtiget / hat er sein Wort wieder zu rucke nehmen und ihr Hauß vermeiden wollen.

7. Unter andern verliebte sie sich in Ricard einen Jüngling / welcher ein Soldat / und in seinem 22sten Jahre bereit gute Proben seiner Tapferkeit gethan hatte / daß seine Befreunde Ehre an ihme zu erleben hofften. Dieser liesse sich nicht groß bitten / an Fußberts Stelle zu tretten / und ergabe sich dieser Ricard so sehr der Demetria / als sie sich ihme / daß Fußbert an ihren Sündlichen Verfahren nich zweiffeln kunte /und gedachte deßwegen sie gäntzlich zu verlassen.

8. Als Demetria sahe daß dieser Vogel sich aus ihrem Netze wicklen wolte / schreibt sie ihm einen freundlichen Lockbrief / bekommet aber an statt der Antwort eine Erzehlung ihres ruchlosen Lebens.[282] Uber dieser Warheit ergrimmet sie so sehr / daß sie Ricard bittet er sol sie mit seinem Tod belohnen / weil auch seiner in der Antwort mit Namen gedacht worden. Ricard richtet diesen Befehl unverzögert aus / und ermordet Fußbert / als er aus seinem Hause gehen wollen / und an nichts wenigers / als an den Tod gedachte.

9. Fußberts Freunde waren die Vornemsten in der Statt / und liessen ihn durch die Schergen in Verhafft bringen. Er bekennet / daß solche Mordthat Demetria Anstifftung / und daß er grosse Reue über diesen Todschlag / der meinung / es würde sein Leben kosten. Aus diesem Bericht wird Demetria auch eingezogen /welche ungescheut bekennet / was sich mit Fußbert und ihr zugetragen / und daß sie Ursach gehabt sich solcher gestalt zu rächen. Kurtz zu sagen / Ricard wird wegen seiner Jugend und Adelichen Freundschafft verschonet / die Rahtgebin aber an dem Leben gestrafft / und ist Ricard aus dem Gefängnis entkommen.

12. Selbst erwehlter Mörder Rach

rufft der Gegenhall: Ach / Ach!

Gott bestrafft die bösen Thaten

und auch die zu selben rahten.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der Grosse Schau-Platz jämmerlicher Mord-Geschichte. Hamburg 1656, S. 280-283.
Lizenz:
Kategorien: